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man an immer enger zu behandeln, auch in „Zaddetn" endigen zu lassen, und
fühlte so das Bedürfnis nach einem Gewand über demselben, ost mit weiten
Hängeärmeln, lJVuiRrm, Xuxxo, 8oiaug)psrun, LnlArsicko), und einer Kapuze
(OnA-sI, XoAsI). Gegen Ende des 13. Jahrhunderts gieng ein Geist des
nationalen Erwachens und der Selbständigkeit von Frankreich aus, besonders
von seinem Norden der gothische Baustil. So fiel ihm auch die tonangebende
Nolle in der Tracht zu. Die Ueberziehröcke bewegten sich bis gegen Ende des
14. Jahrhunderts in der Form der Honxxoluncls (Fig. 6). Im Anfang des
15. Jahrhunderts trat die Richtung anf's Enge und Kurze hervor, man trug
auch die Ueberziehkleider so als sagustts, Die Honp^sluucls blieb
als Robe noch feierliches Gewand. Dazu kam als mautelartiges der taxiert
oder tudurck. Immer mehr wurde verkürzt, verengt, zerschlitzt, so daß die

Männer nach der Kronik des Monstrelet aussahcn wie
„bekleidete Affen." Ernstere Männer, namentlich die Ge-
lehrten, legten über die knappe Kleidung, wenigstens beim
öffentlichen Erscheinen, ein langes Aermelgewand. In
Deutschland wurde diese Tracht nur allmählig ausgenommen
und nicht, wie später, einfach nachäffend, sondern, ähnlich
wie der gothische Styl, selbständig ausgebildet, wie auch die
Namen z. B. Scheckenrock für sucpnetts, Hencke für taxiert.
Zwei deutsche Grundzüge bemächtigten sich auch der Tracht,
die Neigung zum Phantastischen und zur individuellen
Freiheit. Dieß zeigte sich gleich bei Aufnahme der neuen
Kleidung in Knöpfen und „Lappen" in der Mitte des
14. Jahrhunderts. Immer mehr wurde mit wahrer Wol-
lust alles ausgeführt, was an Knöpfen, Schlitzen, Zaddel-
werk, Schellen, getheilter Kleidung, Spitzschuhen nur irgend
zu leisten war. So war die Tracht in Deutschland gegen
Ende des 14. Jahrhunderts aus dem besten Wegr ganz
zn verwildern in's Monströse. Auf der andern Seite war
spanischer Einfluß. Dieser bestand im geraden Gegentheil.
Dort hatte sich auch in der Kleidung eine steife Grandezza aus¬
gebildet, welche in ihre schwarzen Stoffe zwängte. Da besann sich Deutschland auch
in der Tracht wieder auf sich selbst, indem es das um die Mitte des 15. Jahr-
hunderts in Deutschland aufgekommene Kleid, die „Schaube," zum nationalen
Kleid erhob. Diese ist somit das Kleid der Reformation.
Die Schaube ist ebenso weit entfernt von den Willkürlichkeiten individueller
Ausartung, als von steifem Zwang. Die große Gährnug der Geister, der innere
Drang nach einer Lösung der tiefsten Fragen hatte in der Reformation seinen
vorläufigen Abschluß gefunden, deren Träger das deutsche Bürgerthum war. Da
bewegen sich denn in Fig. 7 die ehrwürdigen Gestalten eines Spalatin (links),
Kranach (rechts) u. a. gar behäbig in der Schanbe. Fürsten trugen dieselbe
von Sammt oder Atlas roth oder violett, der hohe Adel und die Ritter eben-
falls roth, der vornehme Städter schwarz oder braun mit dunklem Pelz oder
 
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