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sammt ihren Kindern nnd Weibern." Ein grausiges und doch vom Adel der
Schönheit verklärtes Bild des gerechten Gerichtes, das über die Boshaftigen
ergeht, in den Eckzwickeln mit Schlange, Fackel und Schwert wohl bezeichnet.
Unsere Leser werden sich mit uns freuen, daß in diesem neuen Werke Pfann-
schmidts, wie in seiner Tochter Pharaos den Freunden religiöser Kunst wieder
einmal etwas (zu dem wohl erschwinglichen Preise von neun Mark) geboten ist,
was sich gar sehr dazu eignet, um auch andern eine edle Freude und wahrhaft
künstlerische Erbauung zu bereiten.
Das christliche Kunstblatt darf es wohl für den Weihnachtstisch empfehlen.
H. M.

Literatn r.
Michelangelo Buonarotl von Leopold Witte. Leipzig. Hartung und Sohn. 1878.
Ursprünglich ein Vortrag, soll „diese bescheidene Skizze" wie der Verfasser
sie nennt, nun auch in der vom Verleger ihr gegebenen schönen Druck-Ausstat-
tung „einer materiell gerichteten Zeit von dem heiligen Schwünge eines edelsten
Idealismus zeugen." Ein vergleichender Blick auf die deutschen Münster und
die Peterskirche in Rom führt ans die protestantische Ader, welche in dem
großen Florentiner geschlagen. Nach einem kurzen Lebensabriß wird derselbe
als Baumeister, als Bildhauer, als Maler, nicht sowohl des jüngsten Gerichts,
als der siptinischen Deckengemälde und als Dichter der tiefevangelischen Sonette
geschildert und gefeiert. Der majestätischen Kuppel von St. Peter gibt er den
Preis mit folgenden Worten: „Und nun denke dir einen lichten italienischen
Sommerabend, wie etwa die Vigilie von St. Peter und Paul, der 29. Juni
zu einer Zeit, wo man im päpstlichen Haushalte noch an öffentlichen Freuden-
bezeugungen Antheil nahm. Wir stehen aus der Piazza Rnsticucei, und am
westlichen Himmel mit seinen gelben, violetten, grünen Tönen, steigt der Koloß
der Kirche und der Kuppel vor uns auf. Da brechen mit einem Mal Lichter
an dem dunkeln Gebäude hervor, hier eins, dort eins. Mit Windeseile steigen
ganze Feuerlinien vor uns auf; die architektonischen Grundverhältnisse der
Fatzade — aller kleinliche Schmuck verhüllt — stehen in flammenden Lichtern
da. Und nun wächst's hinauf in die Kuppel; sechzehn feurige Doppellinien,
die Gurte bezeichnend, wölben sich schwungvoll empor zur Laterne. Da slammt's
auch am Kreuze auf in schwindelnder Höhe! Ein Mann, der für seine hals-
brechende Aufgabe zu den fünf Seudi Lohn auch die Sterbsakramente empfangen
hat, entzündet da droben die lichten Punkte. Und nun steht sie im Feenglanz
vor uns, Michelangelo's leuchtende Riesentochter, scheinbar aller Schwere ent-
hoben, ein Triumph des den Stoff meisternden Gedankens. Und wir empfinden's
mit immer neuer Überzeugungskraft: es gibt nur Eine Peterskuppel, und das
ist die schönste Kuppel der Welt."
Dann führt uns der Redner vor das Mediceer-Grab in Florenz und fragt
vor der Riesengestalt Moses in Pietro in vinoulm: „Wer ist der Mann, der in
 
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