Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
173

verdient macht, den Kirchen und Herrensitzen Westfalens Gelegenheit bot, ihre
reichen Schätze, die so wenig an's Tageslicht kommen und unbekannt nnd un-
genannt bleiben, dein kunstsinnigen und lernbegierigen Publikum vorzusühren, das
durch diese Ausstellung, wenn es wollte und Verständniß hatte, wieder einmal
einen lebendigen Eindruck von der „guten alten Zeit" haben konnte, wo die
„Fabrik" noch nicht das Gewerbe verdrängt hatte. Daß die meisten Numern
der Ausstellung kirchliche Gegenstände, wie Kelche, Ciborien, Reliquienschreine,
Monstranzen, Kreuze, Leuchter, Kessel, Buchdeckel, Kruzifixe, Gemälde aus der
heiligen Geschichte u. s. w. bezeichneten, konnte der Ausstellung und dem Sinne
unserer Altvordern nur zur Ehre gereichen. Daß auch Gegenstände für den
weltlichen Gebrauch in Metall, Glas, Holz und Stein reichlich vorhanden waren,
braucht hier nur ausgesprochen Zu werden.
Die römischen und germanischen Alterthümer bis in die merovingische Zeit
hinein, 127 Numern umfassend, waren zum größten Theile von dem Verein
selbst ausgestellt, der die Schätze eines großen Leichenfeldes bei Böckum seiner
Zeit gehoben hat. Auch unter den Stossen aus mittelalterlicher Zeit war
manches sehenswerthe Stück.
Unter den metallenen Kelchen befand sich als der älteste der Reisekelch des
h. Ludgerus (7 809) aus vergoldetem Kupfer, am untern Rande die Inschrift
tragend: llio oulix 8nuAniui8 äei uo8tri. Illu Ollri. — Aus dem 13. Jahrh.
war bemerkenswerth ein Kelch aus vergoldetem Silber mit 6 aufliegenden Me-
daillons in schönen Figuren mit Emailhintergrund: Verkündigung, Geburt,
Abendmahl (Christus und 4 Apostel), Kreuzigung, Auferstehung und Christus
als Weltenrichter. Dazwischen Laubwerk. Eine sehr schöne Arbeit derselben Art
hatte der Dom zu Osnabrück gestellt. Am Fuß sechs vertieft liegende Nischen,
darin auf blauem Grunde der Verrath, Christus vor Pilatus, Geißelung, Kreuz-
tragung, Kreuzigung und Auferstehung. Ain untern Theile des Schafts befinden
sich sechs sitzende Propheten, darüber die zwölf Apostel in Relief, an den Knöpfen
des Knaufs die Symbole der Evangelisten, Pelikan und Phönix. 'Auf den Knöpfen
Eichenlaub, dazwischen durchbrochenes Maßwerk und musicirende Engel. 14. Jahrh.
Auch ein sehr merkwürdiger Kelch der Petrikirche zu Soest sei erwähnt, dessen
Knauf aus drei Vogelnestern mit Adler, Phönix, Pelikan (Glaube, Hoffnung,
Liebe) gebildet wird, und eine sehr schöne Arbeit des Marburger Meisters
A. Eisenhuth mit tulpenförmiger Kuppe, auf deren Fuße Alttestamentliche Vor-
bilder in Medaillons angebracht sind.
Eine Beschreibung einzelner sehr schöner Ciborien, Monstranzen und Reliquien-
schreine würde zu weit führen. Es ist natürlich, daß dieselben sammt Reliquicn-
-Armen, -Biisten, -Köpfen, -Figuren sehr reichlich vertreten waren. Ein Reliquien-
kreuz vom Dom zu Minden zeigt in der Mitte einen großen Sardonix mit
prächtig eingeschnittenem Kopfe, angeblich Karls des Großen. Vom Meister
Eisenhuth hatte Graf Fürstenberg-Hardringcn ein Kruzifix aus Silber aus-
gestellt, eine reiche, stilistisch merkwürdige Arbeit, das Ganze gothisirend mit
Renaissance-Ornamenten. Der Fuß des Kreuzes ist mit größeren und kleineren
Bildwerken geschmückt, die durch Fialenwerk getrennt sind. Unter den andern
 
Annotationen