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Klndien über den altchristlichen Mderkrris.
Von v. Schultze.
III. Ein historisches Bild in der Aatakombe des Aallistus.
Die Ausgrabungen, welche seit 1852 in einem Theile des großen Katakomben-
komplexes S. Callisto, in der sog. Area des Eusebius vorgenommen wurden,
führten zu der Entdeckung einer Grabnische mit einem eigenartigen, leider aber
nicht mehr vollständigen Gemälde. Von Blumengewinden, Bändern und zer-
streuten Rosen umschlossen, zeigt dasselbe (s. die Abbildung) auf einer viereckigen
Erhöhung einen in Tunika und Pallium gekleideten bartlosen Mann, dessen
Haupt ein Kranz bedeckt. Er streckt den rechten Arm vor sich hin halb aus,
als wolle er etwas Unglaubliches, Unerhörtes abwehren, und auch auf seinem
Antlitze ist Ueberraschung und Erschrecken zu lesen. Ihm gegenüber steht in
langer, purpurgestreifter Dalmatika ein Jüngling mit lebhafter Gebärde und
leuchtenden Augen. Sein Antlitz ist siegesfreudig verklärt, die linke Hand hat
er zuversichtlich und stolz auf die Brust gelegt, während er mit der Rechten auf
einen rechts neben ihm stehenden Greis mit langem Haupt- und Barthaar weist.
Abseits von diesen Dreien steht rechts eine vierte männliche Figur, die das Kiun
mit der Haud gestützt hat und den Eindruck eines stillvergnügten Beobachters
macht. Der Umstand, daß das Haupthaar dieses Mannes, wie es scheint, in
Folge Ueberfließens der Farbe, eine etwas abnorme Form erhalten hat, ist die
Veranlassung zu der irrthümlichen Meinung gewesen, daß die Figur bekränzt sei.
In Wirklichkeit aber ist dies nicht der Fall.
Diese in der altchristlichen Kunst einzigartige, auf den ersten Blick räthsel-
hafte Darstellung hat zuerst de Rossi zu erklären unternommen. Er faßt die-
selbe als das Verhör eines oder zweier Märtyrer vor der heidnischen Obrigkeit
oder vor dem Kaiser selbst auf und empfiehlt schüchtern die Beziehung auf die
hl. Parthenius und Kalocerus, die im Jahre 250 gelitten haben sollen.
Gegen eine solche Deutung läßt sich von vornherin nichts einwenden; es
mußte nahe liegen, die standhafte Bezeugung des Glaubens vor heidnischer Obrig-
keit, die sich so oft wiederholte, im Denkmal festzuhalten, besonders wenn es sich
um Märtyrer handelte, die in der Gemeinde angesehen waren. Aber die That-
sache, daß die Verfolgungsleiden der jungen Kirche, insbesondere Märtyrcrseenen,
in der altchristlichen Kunst sonst nirgends dargestellt worden sind, der Umstand
ferner, daß der aus der Erhöhung stehende Mann, der mit Recht als obrigkeit-
liche Person beurtheilt wird, nicht zornig droht, wie de Rossi meint, sondern
von Schrecken erfaßt wird, und daß die eigentliche Streitsache offenbar zwischen
den beiden vor ihm stehenden Personen statthat, — dies alles zwingt uns, den
Schlüssel zum Verständnis; des Bildes anderswo zu suchen, als bisher geschehen
ist. Der Umstand, daß die Mehrzahl der altchristlichen Bildwerke neutestament-
liche oder alttestamentliche Erzählungen veranschaulicht, läßt zuerst frageu, ob
auch für unsere Darstellung aus der hl. Schrift eine Erklärung gewonnen werden
kann. Hier bietet sich in der That in den: Berichte der Apostelgeschichte Kap. 13,
Off. über das Auftreten des Paulus und Baruabas vor dein cyprischen Pro-
 
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