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vielleicht dieses Verfahren des Künstlers veranlaßt haben. Außerdem ist bekannt,
daß die altchristlichen Maler und Bildhauer oft genug einen genauen Anschluß
an die biblischen Textesworte, die sie zudem nur aus der Predigt und der Kate-
chese kennen lernten, verschmäht haben. De Rossi erkennt in dieser Figur einen
bekränzten Priester, der die Opfergeräte herbeigebracht habe, um den (oder die)
Christen zum Opfern zwingen zu lassen, und sich nun enttäuscht und erzürnt
fortbegebe. Aber von Opfergcrätschaften ist auf dem Bilde nichts zu bemerken,
ebenso fehlt, wie bereits bemerkt, der Kranz, nnd der Mann ist nicht in schrei-
tender Bewegung. Vor allem wird jene Vermuthung durch die behagliche, selbst-
zufriedene Miene, die diese Figur zeigt, die aber auf den über den Sieg des
Mitapostels erfreuten Barnabas paßt, ausgeschlossen.
Auffallend könnte auf dem Haupte des Prokonsuls der Lorbeerkranz, das
eigentliche Attribut der römischen Kaiser, erscheinen, und diese Eigentümlichkeit
ist in der That für die Erklärer die Veranlassung gewesen, in dem auf dem
Tribunale stehenden Manne eine kaiserliche Person (nach Garrucei Mali-
minus Thrax) zu erkennen. Aber während schon die antike Kunst die Sitte,
nur das Bild des Kaisers mit dem Lorbeer zu schmücken, nicht streng innehielt
und z. B. auch der Mutter Alexanders d. Gr. und der Kleopatra diese Aus-
zeichnung ertheilte (Gori, Nnssnm IRoront. t. I tav. XXV und S. 61),
haben die christlichen Künstler einen Amtsgenossen des Sergius Paulus, den
Pilatus, vornehmlich mit dem Lorbeer dargestellt. So darf man sich nicht wun-
dern, daß, wie der Statthalter von Judäa, so auch dessen zyprischer Kollege mit
der kaiserlichen Auszeichnung erscheint.
Die jugendliche Fassung des Apostels Paulus entspricht nicht dem in spä-
terer Zeit ausschließlich zur Herrschaft gelangenden Typus, aber auch noch unter
den Darstellungen der Goldgläser, deren Fabrikation hauptsächlich in das vierte
Jahrhundert fällt, herrscht der jugendliche, bartlose Typus vor und gehört den
ältesten und bessern Exemplaren an, ein Beweis, daß er der ursprünglichere ist.^)
Der bärtige, kahle Paulnskopf dagegen ist erst der Schlußstein in der Entwicke-
lungsreihe.
Was das Alter des Bildes betrifft, so haben die architektonischen Unter-
suchungen über das Verhältniß der Area des Eusebius Zu deu übrigen Theilen
der Kallistkatakombe nichts Sicheres ergeben; nur das scheint angenommen werden
zu müssen, daß die Herstellung dieser Begräbnisstätte kurz nach dem Anfänge
des dritten Jahrhunderts unternommen sein mag. Aus diese Zeit weist auch
die künstlerische Vollendung des Bildes. Es liegt noch jenseits der Periode, in
welcher der Verfall der altchristlichen Kunst so überraschend schnell sich vollzieht.
Gestalten, wie die des Paulus, haben die ersten Jahrhunderte christlicher Kunst-

*) Die römischen Archäologen betrachten als älteste, angeblich noch dein zweiten Jahr-
hundert angchörende Darstellung ein Bronzemedaillon der vatikanischen Bibliothek (abgeb. bei
Kraus, Loirm. «otk. Taf. VI), aber dasselbe ist stylistisch nicht so vollkommen, daß es nicht
dem vierten Jahrhundert angehören könnte nnd weist zudem einen Typus auf, der vor dem
vierten Jahrhundert beispiellos ist.
 
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