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dienst, denn er hatte in vielem die ehrwürdige Schande verdrängt, besonders
galt er für aufgeklärter. Erst in neuerer Zeit, meist seit dem Reformations-
jubiläum von 1817, wurde diese unwürdige Tracht verlassen und der Chorrock
für den Gottesdienst angenommen. In Ostfriesland begannen die lutherischen
Geistlichen von den 1830er Jahren an den Chorrock zu tragen zu großer Ver-
wunderung der Gemeinden. Seine würdigere Gestalt im Vergleich mit dem
Mantel verfehlte aber nicht, bald Eindruck zu machen. Der Mantel wird noch
von einzelnen reformirten Pastoren und von lutherischen bei auswärtigen Ver-
richtungen benützt. Das Mäntelchen wird, soviel wenigstens nns bekannt, nur
noch in Mühlheim a. d. Ruhr im deutschen Reich getragen. Auch in Schweden
ist dasselbe, lang nachschleppend, gebräuchlich. In Preußen wurde durch Königl.
Verordnung vom 1. Januar 1811 die Amtskleidung der evangelischen Geistlichen
geregelt und überall der „Chorrock oder Robe von Satin oder andern leichten
wollenen Zeugen von schwarzer Farbe" eingeführt. Bald folgten andere Länder,
Württemberg durch K. Verordnung von 1811. Hier hatte
sich übrigens der Mantel nie eingeschlichen.
Die „Kleine württembergische Kirchenordnung" Herzog
Ulrichs von 1536 sagt schon: „Diweil wir den Schwachen
zu willfahren, jetzund eine gute Zeit den Chorrock an unfern
Pfarrherren und Kirchendienern gedultet, haben wir doch,
damit auch in diesem eine Gleichförmigkeit sei, für besser
angesehen, und wollen daß sie nun fürohin in solchen Kir-
chenübungen den Chorrock fallen lassen, daneben aber sonst
allweg, wie ihnen geziempt ehrsamlich und züchtig bekleidet
seien, dann wie wir gar lange Phariseische Röcke nicht richten,
also mißfällt uns dagegen die kurtz und zuvil beschnittene und
balgische Kleidung, und wollen hierum Mittelmaß, aller Ehr-
barkeit gemäß gehalten wissen." lieber die „Kirchen-Ornate,
als wollene, leinene u. dergl.," wird verordnet, daß sie „Haus- Fig. io.
armen" geschenkt werden. „Was aber namhaftes an Ornaten
vorhanden, von guten Edelgesteinen, lauterm Gold oder Silber „soll ausgezeichnet
und „bis auf ferneren Bescheid beieinander wohl verwahrt behalten werden."
Aber unter dem angeführten „Chorrock" kann kein andrer als der weiße römische
verstanden sein. Eine andere Frage ist, welche Kleidung in der „Großen Kirchen-
ordnung" Herzog Christofs von 1559 zu verstehen ist. Es heißt dort: „Es
haben etliche Kirchen, darinn das heilige Evangelien-rein geprediget wird, die
alten gewöhnlichen Kircheukleider, wie auch sonst viel derselbigen Ceremonien in
ihren Kircheuämtern behalten. So wollen wir auch gern — der Kirchenkleider
halben nichts erwinden laßen. Dieweil aber die sonderlichen leuitischen und priester-
lichen Kleider durch das recht wahr Licht des heiligen Evangelions, wie auch
das ganze leuitische Priesterthum aufgehaben und abgethon — so mögen wir
leiden, daß die Kirchendiener in allen Aemtern, so sie in der Kirchen verrichten
sollen, den gewöhnlichen Chorrock, bis auf ferner« vnsern Bescheid ge-
brauchen." Die Schaube als gewöhnliche ehrbare Kleidung fieng schon an zu
 
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