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verschwinden. Auf die kleine Kirchenordnung hin nahmen wohl die Geistlichen
in Württemberg als Gewand „aller Ehrbarkeit gemäß" von 1536 ab nach dem
Vorgang anderer das staudenartige Doktorgewand an. Dieß war nun 1559
schon eine auszeichnende Kleidung geworden und wurde als „gewöhnlicher Chor-
rock" bezeichnet. Daneben haben „etlich Kirchen" noch den alten weißen Chor-
rock behalten und so kam er bis auf unsre Zeit. In der (Jnosnra, Oseoiro-
nrions Leolesiastians ^Virtsinidergnans von 1687 wird nicht blos den Pfarrern,
sondern anch ihren Weibern überall, anch beim „Ausreisen in Flecken und auf
das Feld" dezente Kleidung vorgeschrieben: „Sie sollen nicht allzufrech oder
dissolut aufziehen, sondern in die Kirchen, oder, wo sie heilige Handlungen ver-
richten, mit ihren langen Priesters-Röcken und theologischen Krägeln gehen."
Bon da an werden immer kurz die Kirchenröcke als vorgeschrieben bezeichnet.
Dieselben waren oft von verschiedener Form und hatten meist Haften statt der
Knöpfe auf der Brust.
Der Chorrock mit besondrem Schulterstück wird ferner noch getragen in
Baden, Hessen, Sachsen, Hannover (vom resormirten Prediger erst seit 1817),
Oldenburg, Thüringen, Bremen (seit 1817, die lutherischen Domprediger seit
1840), Hamburg, Bayern. Hier ist das Schulterstück von schwarzem Saunnt,
was in Württemberg verboten ist. In den Rheinlanden hat der seit 1817 in
Gebrauch stehende Chorrock vielfach die weiten Aermel der resormirten Kirche,
wie sie in Frankreich und theilweise England und Schottland getragen werden
(Fig. t 1). Diese rnloo cko (lalviir ist ebenfalls in der französischen Schweiz
die liturgische Kleidung der Nationalkirche, während in den deutschen Kantonen
jetzt Ziemlich allgemein der deutsche Chorrock im Gebrauch ist. Doch tragen in
Schaffhausen, Graubündten und Thurgau besonders noch ältere Geistliche vielfach
den Mantel. In St. Gallen und seit 1819 in Appenzell außer Rhoden besteht
das Amtskleid in einem kurzen, bis an die Kniee reichenden Gewand, mit engen,
oben mit Buffen versehenen Aermeln. Es ist dieß die Schaube, wie sie besonders
bei Vornehmen an den Aermeln oft gepufft und geschlitzt war. Den deutschen
Chorrock hat auch die evangelische Geistlichkeit in Deutsch-Oestreich, Böhmen und
Rußland. In Amerika und andern überseeischen Ländern hängt die Kleidung ab
von dem Ursprung der dortigen Gemeinden. Die Schweden nennen Chorrock
das Kleid, welches in Deutschland als „deutscher Rock" gilt, einreihig mit Steh-
kragen bis zu den Knieen reichend. Dazu kommt beim Gottesdienst der oben
genannte Mantel, ein schmaler Streifen Tuch im Rücken. Der Chorrock des
Elsaßes hat kein Schulterstück. Auf dem Merino- oder Tuchstosf laufen vorn
von der Schulter bis Zu den Füßen auf jeder Seite je ein Streifen schwarzer
Seidenzeug herab. Um den Leib liegt ein breiter schwarzseidener Gürtel, der
aber nur zwischen den Streifen sichtbar ist. Von diesen an geht er unter dein
Rock um den Leib. Die Aermel sind vorn geschlossen oder weit offen mit seidnem
Umschlag (Fig. 12). Auch diese Art kann an die Schaube erinnern. Sollten
die Streifen nicht aus dem Pelzbesatz derselben hervorgegangen sein? Oder ist
dieser Rock hervorgegangen aus den weiten lange:: Kleidern, wie man sie von
der Houppelande im 14. Jahrhundert an trug und wie sie die Gelehrten und
 
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