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segnet zu werden, hat Köln ein seiner und seiner Zeit würdiges Kolossaldenkmal
gesetzt; ob es ästhetisch, in dieser schlichten Gruppirung oder auch Nichtgruppirung
der Sockelsiguren — z. B. der alte Stein steht einsam auf der Rückseite, nahe
unter dem Schweif des Pferdes — ein Fortschritt gegen das Friedrichsdenkmal
sein mag? Trefflich ist Schaper's Bismarckstatue. An ältere, der Kunst ungünstigere
Zeit gemahnt mich wehmüthig der dem Museum vermachte Originalentwurs der
Iphigenie meines verstorbenen Freundes H. Heidel, ein Werk ächter Plastik.
Und nun nach Düsseldorf. Hier zumal wird kurzer Bericht über manches
Zerstreute genügen müssen, um von dem großen Eindruck der Einheit, der Ge-
sammtheit eine Andeutung zu geben. Was zunächst die (IV.) allgemeine deutsche
Kunstausstellung betrifft, so darf noch von ihr gelten, was ich vor zwei Jahren aus
Paris über die dort ausgestellte Auswahl neuer deutscher Gemälde schrieb. „Mit
Verwunderung, man darf sagen mit Andacht, stehen die Franzosen und andere
Weltlcute vor den Bildern der deutschen Abtheilung und erkennen die deutsche
Kraft in der ewigen Jugend reiner Empfindung." Die Landschaft ist bekanntlich
durch die Gebr. Achenbach immer in großartiger Weise vertreten: des Andreas rein
malerische Strand-, des Oswald's färb englüh ende italienische Bilder; ihm schließt
sich an Lews mild leuchtendes Capri, ein Paradiesgarten; jenem eher Gude's
herrlich kühler norwegischer Fiord. Von unserem Th. Schütz zeigen zwei
schwäbische Landschaften neben sorgfältiger Ausführung einen schönen Gesammt-
ton; die Lokaltöne dürsten vielleicht kräftiger sein. Das große Historienbild ist
hauptsächlich durch Kaiser Wilhelm bei Königgrätz von Steffek in Berlin würdig
vertreten. Über Camphausen erlaube ich mir kein Urtheil. Reicher ist das
historische Genre, worin Düsseldorf immer Ehrenwerthes leistete. Ich sah z. B.
Leutze's Rückkehr des Kronprinzen Friedrich aus der Gefangenschaft, ein kräf-
tiges Bild (1857). Dahin gehört besonders das ergreifende Bild von F. Neuhaus:
„Graf Helfenstcin," wobei sich freilich fragen dürfte, ob solche teuflische Scenen
der künstlerischen Darstellung Werth seien. Dagegen R. Bendemann's (1879)
liebliche Beerdigung des Frauenlob, noch im Geiste der alten, aber mit den
Mitteln der neuen Schule. Hieran schließen sich Volksszenen, am schönsten wohl
Rückkehr der sächsischen Truppen 1871 von F. W. Heine in Dresden; die sächsischen
Typen sehr gut: weicher, denkender als die schneidigen Rheinländer. Im Genre
würde es genügen, die Namen Knaus und Vautier zu nennen. Von jenem
sein neues Bild: „Hinter den Coulissen," echt deutsch, gleichermaßen zum
Lachen und zum Weinen reizend. Dürfte aber nicht doch der Hauptgruppe,
zumal ihr offenbar ein uraltes, komisch-romantisches Motiv der Fl. Bl.
(„Seiltanzen kann die Liebe nicht") zu Grunde liegt, zugerufen werden: ein
bißchen weniger Natürlichkeit wäre natürlicher? Nur um so schlagender freilich
zeugt es von dem Realismus unserer Zeit. Von Vautier neben dem schon in
München 1876 ausgestellten: Vor der Sitzung (über das manches Unnütze ge-
säbelt wurde, während es offenbar nur die deutsche Gemüthlichkeit vor und bei
der Arbeit darstellen will) wieder ein treffliches Bild: Prozessirende Bauern
d. h. ein (anscheinend vergeblicher) Vergleichungsversuch; die Tragik der Aus-
artung der Karakterkraft in die Schwäche des Eigensinns. F. Hiddemann's
segnet zu werden, hat Köln ein seiner und seiner Zeit würdiges Kolossaldenkmal
gesetzt; ob es ästhetisch, in dieser schlichten Gruppirung oder auch Nichtgruppirung
der Sockelsiguren — z. B. der alte Stein steht einsam auf der Rückseite, nahe
unter dem Schweif des Pferdes — ein Fortschritt gegen das Friedrichsdenkmal
sein mag? Trefflich ist Schaper's Bismarckstatue. An ältere, der Kunst ungünstigere
Zeit gemahnt mich wehmüthig der dem Museum vermachte Originalentwurs der
Iphigenie meines verstorbenen Freundes H. Heidel, ein Werk ächter Plastik.
Und nun nach Düsseldorf. Hier zumal wird kurzer Bericht über manches
Zerstreute genügen müssen, um von dem großen Eindruck der Einheit, der Ge-
sammtheit eine Andeutung zu geben. Was zunächst die (IV.) allgemeine deutsche
Kunstausstellung betrifft, so darf noch von ihr gelten, was ich vor zwei Jahren aus
Paris über die dort ausgestellte Auswahl neuer deutscher Gemälde schrieb. „Mit
Verwunderung, man darf sagen mit Andacht, stehen die Franzosen und andere
Weltlcute vor den Bildern der deutschen Abtheilung und erkennen die deutsche
Kraft in der ewigen Jugend reiner Empfindung." Die Landschaft ist bekanntlich
durch die Gebr. Achenbach immer in großartiger Weise vertreten: des Andreas rein
malerische Strand-, des Oswald's färb englüh ende italienische Bilder; ihm schließt
sich an Lews mild leuchtendes Capri, ein Paradiesgarten; jenem eher Gude's
herrlich kühler norwegischer Fiord. Von unserem Th. Schütz zeigen zwei
schwäbische Landschaften neben sorgfältiger Ausführung einen schönen Gesammt-
ton; die Lokaltöne dürsten vielleicht kräftiger sein. Das große Historienbild ist
hauptsächlich durch Kaiser Wilhelm bei Königgrätz von Steffek in Berlin würdig
vertreten. Über Camphausen erlaube ich mir kein Urtheil. Reicher ist das
historische Genre, worin Düsseldorf immer Ehrenwerthes leistete. Ich sah z. B.
Leutze's Rückkehr des Kronprinzen Friedrich aus der Gefangenschaft, ein kräf-
tiges Bild (1857). Dahin gehört besonders das ergreifende Bild von F. Neuhaus:
„Graf Helfenstcin," wobei sich freilich fragen dürfte, ob solche teuflische Scenen
der künstlerischen Darstellung Werth seien. Dagegen R. Bendemann's (1879)
liebliche Beerdigung des Frauenlob, noch im Geiste der alten, aber mit den
Mitteln der neuen Schule. Hieran schließen sich Volksszenen, am schönsten wohl
Rückkehr der sächsischen Truppen 1871 von F. W. Heine in Dresden; die sächsischen
Typen sehr gut: weicher, denkender als die schneidigen Rheinländer. Im Genre
würde es genügen, die Namen Knaus und Vautier zu nennen. Von jenem
sein neues Bild: „Hinter den Coulissen," echt deutsch, gleichermaßen zum
Lachen und zum Weinen reizend. Dürfte aber nicht doch der Hauptgruppe,
zumal ihr offenbar ein uraltes, komisch-romantisches Motiv der Fl. Bl.
(„Seiltanzen kann die Liebe nicht") zu Grunde liegt, zugerufen werden: ein
bißchen weniger Natürlichkeit wäre natürlicher? Nur um so schlagender freilich
zeugt es von dem Realismus unserer Zeit. Von Vautier neben dem schon in
München 1876 ausgestellten: Vor der Sitzung (über das manches Unnütze ge-
säbelt wurde, während es offenbar nur die deutsche Gemüthlichkeit vor und bei
der Arbeit darstellen will) wieder ein treffliches Bild: Prozessirende Bauern
d. h. ein (anscheinend vergeblicher) Vergleichungsversuch; die Tragik der Aus-
artung der Karakterkraft in die Schwäche des Eigensinns. F. Hiddemann's