Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
191

Manier zu übersetzen. Der Kupferstecher kann sich jedenfalls zur Reduktion auf
die gewünschte Größe der Photographie bedienen, kann auf dieser photographischen
Reproduktion seine Strichlagen („Taillen") augeben und unmittelbar darnach seine
Pause anfertigen. Allein gerade die Übertragung des getonten photographischen
Bildes in eine Linien- oder Strichzeichnung läßt eine Menge von unbeabsichtigten
Veränderungen zu, die von sehr weittragender Bedeutung sein können, namentlich
bei Gesichtern, und insbesondere bei kleinem Format. Die Photographie als
solche aber eignete sich bis vor kurzer Zeit auch noch nicht zu einer selbständigen
direkten Wiedergabe eines Ölbildes aus verschiedenen Gründen. Erstens sind
die gewöhnlichen photographischen Platten derart, daß sie die Lichtwirkungen der
einzelnen Farben oft ganz falsch wiedergeben, d. h. sie geben manche Farben,
die dem Auge dunkel erscheinen, hell' und umgekehrt; so wird z. B. ein feuriges
Gelb oder Rot bei der photographischen Reproduktion dunkel, ein verhältnismäßig
dunkles Blau dagegen ziemlich hell u. s. w. Deshalb können farbige Bilder mit
gewöhnlichen Platten nicht unmittelbar photographisch wieder gegeben werden,
ohne die Lichtwirkungen zu verändern. Man macht deshalb die photographischen
Vervielfältigungen von Gemälden meist nach Zeichnungen oder Stichen und nicht
nach dem Originale. Ferner ist aber für wertvolle Bilder die photographische
Reproduktion deshalb nicht vorteilhaft, weil das auf dem lichtempfindlichen
Positivpapier auf chemischem Weg erzeugte Bild nie die Farbe hält, sondern
abschießt und seinen ursprünglich schönen Ton oft mit einem recht häßlichen ver-
tauscht, und das um so schneller, je mehr es dem Lichte ausgesetzt ist, und das
kann man doch nicht wohl vermeiden bei einem Bilde, das man als Zimmer-
schmnck an der Wand haben will.
Diesen beiden Mängeln ist nun abgeholfen. Dem letzteren dadurch, daß
man mit Zuhilfenahme der Photographie Druckplatten Herstellen lernte für Hoch-
druck (durch Zinkätzung, Phototypie, Autotypie), für Flachdruck (auf Chrom-
gelatine: Lichtdruck) und für Tiefdruck (durch Kupferätzung: Photogravüre, Helio-
gravüre, Heliographie — alle drei Ausdrücke bezeichnen dasselbe Verfahren).
Mittelst dieser Druckplatten wird nun das Bild mit Druckfarbe gedruckt, ist also
nicht mehr veränderlich und hält die Farbe so gut wie jeder Kupferstich.
Der erstgenannte Übelstand aber (daß die Farben nicht richtig wiedergegeben
wurden) ist dadurch überwunden, daß man sogenannte „farbenempfindliche"
(orthochromatische) Platten erfand, welche die Farben getreulich so wiedergeben,
wie sie dem Auge erscheinen. Um die Wirkung zu sehen, darf man nur z. B.
Landschaftsphotographien, die mit orthochromatischen Platten hergestellt sind,
vergleichen mit den gewöhnlichen; auf den ersteren sind z. B. lichtgrüne Bäume
hell und leicht in natürlicher Wirkung wieder gegeben, auf den letzteren sind's
meist schwarze, schwere Klumpen.
Mit solchen „farbenempfindlichen" Platten ist nun anch unser Blatt der
siptinischen Madonna hergestellt. Das Druckverfahren aber ist das der Photo-
gravure (deutsch auch Lichtkupferdruck genannt). Man wendet für den Licht-
kupferdruck zweierlei Verfahren an, je nachdem die Originale Linienbilder oder
getonte Bilder sind. Im ersten Fall kommt das galvanische Verfahren (auch
 
Annotationen