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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 1 (Januar 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0031
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Moderne eine ehrliche Pflege des Unmodernen verbunden ist. Leider verwende!
nun das evangelische Pastorat auf die bildende Kunst lange nicht so viel Inter-
esse und Zeit, wie auf die Musik. Es gibt hier wohl eine gelehrte Kunstpflege,
die zum Bestand der allgemeinen Bildung gehört. Fra Giovanni da Fiesole
wird um seiner musizierenden Engel wegen geschätzt; die sixtinische Madonna
hängt todsicher in der guten Stube und auch einige moderne religiöse Maler
wie Gebhardt, Uhde und selbst Thoma sind bisweilen vertreten. Aber in was
für Stuben hängen diese Bilder! Was für Vorhänge trüben ihnen das Licht!
Welche Plüschsessel stehen um den Tisch vor dem Sofa! Es fehlt da ganz an
dem Bewußtsein, daß alles dies unerträglich sei und nicht in einem Hause ge-
duldet werden dürfte, dessen Herr von der Kanzel gegen Unwahrhaftigkeit und


Bauernhaus in Langnau im Emmenthal

Schein redet. Man denke an die edle Kunst der mittelalterlichen Dome! Wäre
sie denkbar ohne die Mitarbeit, Teilnahme und Leidenschaft der Geistlichen?
Haben die Mönche nur deshalb so schöne Chorstühle geschnitzt, weil sie partout
nichts zu tun hatten? Ist die edle Ausschmückung einer Kirche eine Sünde
oder eine Pflicht? Die Idee, daß man in kahlen Räumen besser zuhören könne
als in farbigen, wird doch heutzutage nicht mehr vertreten. Kurzum, ivir
müssen die Pastoren dazu bringen, daß sie nicht nur brave Musikanten sind,
sondern auch Sinn für den Wert und die innere Kraft guter Möbel, guter
Vorhänge, richtiger Bilderrahmen bekommen, daß sie ihr Gotteshaus au Fest-
tagen mit grünen Tanucngirlanden, Teppichen und Abendmahlskelchen zu einem
Haus der Freude machen und überhaupt Augenmenschcn werden, die mit
achlgebcn helfen, daß die öde Pracht der soliden Schönheit weiche, daß Echt-
heit und sinncnlsprcchcnde Klarheit auch im Zimmer vorhanden sein muß, daß
 
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