Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

DOI Heft:
Nr. 2 (Februar 1908)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0069
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

Die künstlerische Seite der Durchführung verdient allerdings nur. die Note:
befriedigend. Der Bau ist ja ganz hübsch und gefällig, aber neue Wege
wurden nicht eingeschlagen. Mit umso größerer Freude weisen wir darum auf
eiu Werk hiu, das bei ungemein praktischer und billiger Einrichtung auch künst-
lerisch eine Tat bedeutet: die Kirche zu Peggau in Steiermark.
Die Protestanten des ganzen Murtales zwischen Bruck und Graz (je aus-
schließlich) sind vereinigt zu einem, vorläufig von einem Vikar bedienten Seel-
sorgebezirk. Der Amtssitz des Vikars liegt im geographischen Mittelpunkt, zu
Peggau, wo sich das Murtal derart verengt, daß an einer Stelle, der in der
Geschichte der Eisenbahntechnik berühmten Badlwand, der Bahnkörper der Süd-
bahn 380 in lang in einer Galerie, die murseitig auf 35 gewaltigen Quader-
pfeilern ruht, die Reichsstraße unterführen mußte. Unmittelbar dahinter weitet
sich das Tal etwas: Rechts liegt der Marktflecken Dentsch-Feistritz mit inter-
essanter alter Bergkirche, links, unmittelbar unter hohen pittoresken Kalkfelswänden
der Markt Peggau. Hier galt es, eine Kirche zu bauen. Der Vikar, ein
junger, seuereifriger Mann, sozial empfindend und künstlerisch hohe Anforderungen
stellend, sah sich vor die Aufgabe gestellt, mit bescheidenen Mitteln seiner Ge-
meinde etwas Wertvolles zu bieteu. Nicht eine „Kirche" nur, die ihre
Pforten alle Sonntage (vielleicht aber, bei Diasporaverhältnissen nur
alle 14 Tage) öffnet und dann wieder geschlossen wird, s o n-d ern
einen wirklichen Mittelpunkt des Gemeindelebens wollte
er erstellen. Und er fand für seine Ziele und Gedanken einen Interpreten
in dem Architekten O. Bartning zu Karlsruhe. Ueber das, was der Vikar ge-
wollt und der Architekt geschaffen hat, geben unsere Bilder Auskunft. Wir
verweisen gleichzeitig darauf, daß Vikar H. Heisler zu Peggau demnächst eiu
Schriftchen über „Kirchbau auf dem Lande" herausgeben wird, in dein seine
Kirche eingehend beschrieben wird. (Außerdem hat Vikar Heisler einige Druck-
schriften über seine Gemeinde vorrätig, die er Interessenten auf Wunsch gerne
zusendet.) In, Hinblick auf diese Veröffentlichung fassen wir uns heute hier kurz und
lassen die Bilder für sich reden. Wir begnügen uns, das Eigenartigste hervor-
zuhebcn.
Vor allem sei darauf aufmerksam gemacht, wie innig der Bau sich in die
Landschaft am Fuße der hochragenden Peggauer Wand einfügt. Vielleicht zum
erstenmal unter den vielen kirchlichen Neubauten, die Oesterreich im letzten Jahr-
zehnt gesehen hat, ist die Forderung berücksichtigt worden, daß der Bau Rück-
sicht zu nehmen hat auf den Platz, auf dem er sich erheben und auf die Land-
schaft, in die er hineingestellt werden soll. Jede andere Turmform, ob schlank oder-
gedrungen, wäre von dem unmittelbar dahinter aufragenden Bergmassiv einfach
erdrückt worden. Man beschränkte sich deshalb auf einen, aus einem Achteck-
ansatz hervorragenden, gedrungenen, im Durchschnitt kreisrunden Turmaufbau,
der die Glocken beherbergt.
Ferner verdient beachtet zu werden, wie durchaus einheitlich der ganze Bau
empfunden ist. „Allerlei Mittel, — schreibt uns der Architekt — Behandlung
der Dächer, Schiebung des Studierzimmers in den Kirchenkörper, mußten er-
 
Annotationen