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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 4 (April 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0121
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98

Aus den dreizehn mächtigen Quadern von Muschelkalkstein, die das Giebel-
feld bilden, hat Cauer die überlebensgroßen Figuren herausgehauen mit all der
technischen Erfahrung eines von Jugend auf an die Arbeit in: Steinmaterial,
nicht bloß an Modellieren in Ton oder Wachs gewöhnten Meisters, mit voller,
in strengem Naturstudium erworbener Herrschaft über die plastische Form und
mit einem Schönhcitsgefühl, das zwischen unpersönlichem Idealismus und
nüchterner naturalistischer Richtung die goldene Mitte hält. Man spricht heute
viel von den Pflichten der dekorativen Plastik und verlangt ihre strenge Unter-
ordnung unter die Architektur. Zu halbfertigen, unbestimmten Formen, die
unter dieser Begründung von manchen als die einzig wahre, die „Mauerplastik"
gepriesen werden, hat sich Cauer freilich nicht verstehen wollen. Klare, ausdrucks-
volle Formengebung ist ihm tiefes, freudiges Bedürfnis. Aber er ist im besten
Sinne modern, wenn die Frische persönlichen Empfindens eine ausschlaggebende
Forderung ist, die von der neuen Zeit an ein Kunstwerk gestellt wird. Von
nichts Fremdem, weder aus alter uoch aus neuer Kunst, ist diese Reinheit hier
getrübt. Und was man von monumentaler Plastik mit Recht verlangen darf,
strenger Aufbau und weithin wirkende rhythmische Verteilung der Massen, das
ist hier meisterhaft gelöst. Ein schönes, aber keineswegs eintöniges Gleichgewicht
herrscht zwischen den durch das Kreuz geschiedenen Hälften der Darstellung, in
zwei durch die nächsten Figuren am Kreuz bezeichneten sich schneidenden Diago-
nalen klingen die Seitenlinien des Giebels nach. Und doch verrät keine Gestalt
und keine Bewegung den Zwang solcher architektonisch-dekorativen Gesichtspunkte,
es bleibt kein Nest an leeren, für das Thema unwesentlichen oder gesuchten
Motiven. Form und Inhalt decken sich zu der Einheit, die ein Kennzeichen
reifer Kunst bildet.
Der Künstler, der aus der alten Kreuznacher Bildhauerfamilic stammt,
aber seit mehreren Jahren in Darmstadt ansässig ist und bisher besonders durch
Grabdenkmäler, die Michel Mort-Gruppe in Kreuznach und das Neiterbild des
Generals Sigel in St. Louis, Nordamerika, bekannt geworden ist, hat sich
mit dem hier besprochenen Werk auf dem Felde der religiösen Plastik einen
hervorragenden Platz gesichert.
Darmstadt, l4. Februar 1908 Or. Friedrich Back
Wir haben, da immer wieder nach Abzügen unsrer Bilder gefragt wird,
noch einige Abzüge dieses Bildes übrig. Das Bild kann wohl auch als Kon-
firmandenschein für Söhne verwendet werden. Anfragen an die Redaktion.
S
Die Paulustürche in Darmstadt
Von Pfarrer H. Niickcrt in Darmstadt
Mit 2 Bildern
Die nachfolgenden Ausführungen hätte ich am liebsten einem anderen zu
schreiben überlassen. Wenn man selbst jahrelang an einem Werke mitgearbeitet
 
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