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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 4 (April 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0125
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stühl, das leicht ausgewechselt werden kann und so allen möglichen Bedürfnissen
entgegenkommt. Ein großer Vorzug der Kirche ist auch der, daß von allen
Plätzen - ganz wenige Ausnahmen abgerechnet — Kanzel und Altartisch be-
quem gesehen werden können.
Die plastischen Arbeiten im Kircheninnern hat uns Prof. A. Warnest
geschaffen: eine überlebensgroße Paulusstatue am Hauptpfeiler, eineu iu Putz-
relief ausgeführten Christuskopf im Scheitelpunkt des Triumphbogens und
entzückend schöne Ornamente an den Pfeilern der Kanzeltreppen. Die im
Giebelfeld des Hauptportals befindliche Monumentalgruppe, eine Darstellung
des Wortes: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seit, ich
will euch erquicken" ist von dein jetzt hier ansässigen Bildhauer Robert Cauer
ausgeführt — eine stumme uud doch so beredte Predigt an alle, die vorüber-
wandeln. Wie oft habe ich von meiner Studierstube aus Gelegenheit zu beobachten,
wie so viele, Leute im eleganten Kleid uud Männer mit schwieligen Händen,
in stillem sinnenden Beschauen davor stehen bleiben!
Aber noch einmal müssen wir ins Kircheninnere zurück, um der Betrachtung
der gemalten Fenster einige Augenblicke zu widmen. Wir besitzen nicht viel
gemalte Fenster, aber dafür ist das, ivas wir haben, um so künstlerisch reicher
und echter. Wer der Meinung ist, daß nur die Kirchen „Stimmung" haben
könnten, die in allen Fenstern Malereien aufweisen, möge getrost einmal bei
uns einkehren, um sich eines Besseren belehren zu lassen. Die meisten der
Hauptfenster sind bei uns ganz einfach verglast; die in grünlichen, gelblichen
und weißen Tönen wechselnden Antikscheiben verwehren einen deutlichen Blick
nach außen, lassen aber dabei eine Fülle Licht einströmen, das zwar kein mystisches
Halbdunkel, wie inanes in katholischen Kirchen liebt, aufkommen läßt, aber dafür
ein Sinnbild sein mag, daß es in evangelischen Kirchen im Doppelsinn des
Wortes getrost hell sein darf bis in den letzten Winkel hinein. Die zu beiden
Seiten der Orgel befindlichen Chorfenster, wie auch die der Kanzel gegenüber-
liegende große Rose sind, um nicht blendend zu wirken, iu satteren Farben
ornamental gehalten. Vier kleinere Fenster enthalten figürliche Darstellungen
und sind ganz hervorragende Erzeugnisse moderner Glasmalerei. Kunstmaler
Heinrich Altherr, der durch seine prachtvollen Kartons für 2 Mosaikgemälde in
der Baseler Pauluskirche bekannt geworden ist, hat sie geschaffen und auch damit
wieder einen Beweis seiner hervorragenden künstlerischen Begabung erbracht.
Wie diese Bilder mit ihrer geradezu klassischen Schönheit und Größe und ihrer
durchaus modernen Auffassung den Flächen sich eingliedern, mich inan an Ort
und Stelle einsehen. Hoffentlich regen sie recht viele, die sich ihrer freuen, an,
für solche Aufgaben wirkliche Künstler heranzuziehen, da durch Scheiukunst bisher
in Stadt und Land mehr ivie genug gesündigt worden ist.
Dasselbe gilt auch von den h. Geräten und Paramenten, die ja meistens
nach Katalogen gekauft werden. Eilten kostbaren Schatz besitzt unsere Kirche an
den Abendmahlsgeräten, die eine Stiftung unseres Großherzogpaares sind und
von Prof. Riegel, einem Mitglied der hiesigen Künstlerkolonie, gearbeitet wurden.
Ein zweiter Kelch ist vom Kirchenvorstand gestiftet und eine vierte Kanne,
 
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