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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 4 (April 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0136
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im Stile des billigen Gesangbuchdeckels. Dennoch wird diese geschmacklose Schrift
noch überboten durch die neuerdings aufgekommene Sandgebläseschrift mit den zuge-
hörigen naturalistischen Blumenzweigen, die wie aufgeklebte Stückchen von schwarzem
Glanzpapier wirkt. Wo die Buchstaben stärkeres Relief haben, sehen sie durch die
unreinen zerfressenen Ränder noch unerfreulicher aus. Natürlich entspricht die Form
dieser Schrift ihrem sonstigen Wert.
Soll die Schrift gefärbt werden, was durchaus nicht immer nötig ist, so muß
die Farbe ganz verschieden je nach dem Grund, auf dem sie steht, gewählt werden.
Auf Hellem Grund steht Gold ganz
gut, auf dunklerem wird man Zinnober,
der überall paßt, oder einfache Schwär¬
zung wählen. Die Entscheidung über¬
lasse man dem Künstler.
Damit die Schrift in dekorativer,
wirksamer Weise verteilt werden kann,
muß der Künstler von vornherein wissen,
wieviel Fläche er für Schrift zu reser¬
vieren hat; man wird also gut tun, die
Zahl der Namen, die voraussichtlich
auf dem Denkmal Platz finden sollen
und einen etwa gewünschten Spruch
sofort aufzunotieren. Nachträglich ist
der Raum dafür, ohne daß die Gesamt¬
wirkung der Schriftseite leidet, oft nicht
mehr zu beschaffen. Selbst die Größe
und Gestalt des ganzen Denkmals wird
anders ausfallen können, je nachdem
1 oder 3 Namen angebracht werden
müssen.
Sehr wirkungsvoll kann die An¬
bringung einer besonderen Schrift¬
platte in Bronze sein, aber nur der
Künstler kann wissen, ob ein Denkmal
sich hiefür eignet. Laien wollen meist
Bronzetafeln da anbringen, wo sie ab-
tnlvl vickU noilen Ans Marmor wirkt Abb. 12. E. Haiger. Grabmal m rotem Marmor.
;omr man pupen. ÄUs ^carmor wirri Retief IE Schwegcrlc. Preis 8SUWk. Roth'-
Bronze stets zu hart, dagegen eignet sie iches Lager in Wiesbaden
sich vorzüglich zur Ausschmückung des
Muschelkalkes. (Abb. 14.) Der Preis einer solchen Bronzetafel schwankt zwischen
50-160 Mk.
Noch ein Wort über den Inhalt der Grabschrift: auch in dieser Beziehung unter-
scheiden sich die Denkmäler aus den letzten 50 Jahren sehr zu ihrem Nachteil von den
älteren. Während bei diesen die Inschrift meist in persönlicher Beziehung zu dem
Toten steht, sind die neueren Inschriften genau so unpersönlich und charakterlos wie
die Denkmäler. Oft findet man denselben abgegriffenen ganz allgemeinen Bibelspruch
an einer Reihe benachbarter Gräber angebracht! Sollten wir nicht auch hier zur
Sitte unserer Väter zurückkehren?
Wo reichere Mittel vorhanden sind, da empfiehlt sich weit mehr als heute üblich,
das Relief, sei es direkt in Stein gehauen, sei es als Bronzeplakette oder Tafel
eingesetzt. Es bildete bekanntlich im alten Griechenland die unerläßliche Beigabe
jedes bedeutenden Grabmales und fehlte auch selten z. Z. der Renaissance und Gotik in
Deutschland. Diese Reliefdarstellungen gehören sogar zu dem schönsten und innigsten,
was deutsche Kunst geschaffen hat. Sie bieten Gelegenheit, ein persönliches Motiv in
 
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