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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 4 (April 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0147
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124

Karl Plancks Knnstanffassung
Von Pfarrer R. Planck in Bronnweiler
(Fortsetzung)

Was von der Malerei der Renaissance gilt, das gilt in noch höherem Grade

von ihrer Baukunst. Der griechische Tempel, der mittelalterliche Dom, sie waren


unmittelbar aus dem „religiösen Zentrum" des griechischen, bezw. des christlichen
Gesamtbewußtseins als dessen unmittelbarster Ausdruck herausgcflosseu; von dem
Kirchenbau der Renaissance läßt sich ein gleiches nicht mehr behaupten. In ihm
sind zwar die vorgefundenen
antiken Formen, die des
römischen Baustils, für die
Zwecke der Kirche umge-
schaffen und veredelt, vor
allem durch gesteigerte Er-
höhung ist ihm der Stempel
des Erhabenen ausgeprägt,
aber im Grunde bleibt doch
das Wort wahr, daß durch
diesen Baustil die kirchliche
Form selbst verweltlicht
worden sei. „Es wird nicht,
wie es die wahre Kunst
will, die religiös sittliche
Anschauung und ihr Tempel-
bau zur bestimmenden Macht
dcs ganzen Baustils, sondern
das gerade Umgekehrte findet
statt, daß die kirchliche Bau-
kunst in eine dem religiösen
Bewußtsein fremde, weltlich

Evangelische Kreuzlirchc zu Chodau

natürliche Stilform hiueiuge-
zogen wird. Darum ist

St. Peters Dom mit all seiner Größe und Pracht doch nicht, wie die mittel-
alterlich gotischen, ein Zeugnis von der geistig schaffenden Macht der Kirche, der
er dient, sondern umgekehrt das demütigende Zeichen einer für sich selbst unfruchtbar
gewordenen und innerlich abstcrbeudeu Kirche, die nur noch mit den Mitteln einer
ganz anderen, weltlich natürlichen und an das Antike auknüpfcudeu Bilduugsform
ihren Glanz fristen kann." (S. 38.) Das ist nun freilich ein fast vernichtendes
Urteil für die geistige Bedeutung des neueren Katholizismus. Denn in der Bau-
kunst kommt die geistige Grundeigcntümlichkeit eines Zeitalters am schärfsten und
prinzipiellsten zum Ausdruck. Eine Verschmelzung jener zwei verschiedenen
Elemente, des religiösen Idealismus und naturalistischen Formsiuns, wie sie sich in
Raffaels Malerei vollzog, ist hier nicht mehr möglich. Eine derartige Kunst wird
 
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