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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 5 (Mai 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0182
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Aus dem .Frankfurter Kalender 1808' nun Fritz Bühle-Frankfurt. Verlag M. Diesterweg-Frankfnrt

kehr mit der deutschen Dichtung zn ringen hatte. Daß ein junger
Romantiker in Novalis, Platen, Chamisso, Klopstock und Schiller znhanse ist,
versteht sich von selbst; noch in späten Jahren erquickt er sich an Dante. Aber
der Geist, an dem sich seine innere Entwicklung entscheidet, ist Goethe und die
Art, wie er sich mit ihm auseinandersetzt, ist bezeichnend für den modernen
deutschen Christen. In einer Zeit, wo er von einem großen Zwiespalt umgc-
trieben war, „wie das Christentum mit dem Leben zn vereinen ist, was wir von
unserer Eigentümlichkeit lassen und was wir abwerfen sollen"', bekennt er von
„Wilhelm Meister": „er ist ein treffliches Buch, worin ich den Schlüssel zu
vielem gefunden habe". Unter Goethes Einfluß sehnt er sich nach dem schönen
Tag, wo Verstand und Herz zu einer schönen Harmonie kommen, wo beide ge-
bunden durch das reinste Band Hand in Hand gehen. „O welche Welt geht
einem mit der Kunst auf! Man schwindelt betäubt zurück vor den heiligen
Hallen dieser Werkstatt des menschlichen Geistes. Ein Glück ist es in solchen
Momenten, daß wir uns selbst verlassen und unser Dasein in die Arme der
Unendlichkeit werfen können, wo es verschwindet. Ginge das nicht, unsere Hülle
bräche um uns. Aber wohl uns, wenn wir uns wiederfinden, ein Geruch in
diesen Pokal der Fülle gibt neue Lebenskraft und neuen Lebensmut." Daun
kommen wieder Stunden, wo er am Beruf zur Theologie irre wird und ihm
schwindelt vor dem Wirrwarr, den die Bekanntschaft mit Goethe in ihm ange-
richtet hatte. „Er führt mich in ein Leben hinein, das in seiner äußeren
Richtung dem meinen jetzigen so stracks zuwider ist und demnach eine Reibung
zustande bringt." „Wie sich das biblische Christentum von den Herderschen und
 
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