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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 51.1909

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Nr. 11 (November 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44121#0381
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ist die Grundlage; man könnte sagen: es ist ein durch Noten anschaulich
gemachtes Ziffernsingen so, daß die Ziffern eben durch die Noten, durch
die in aller Welt übliche Notenschrift, schon gegeben sind, daß daher das
Anschreiben der Ziffern und damit alle die Unzuträglichkeiten des Ziffern-
singens Wegfällen, daß es dem Sänger, gleichviel in welcher Tonart ge-
sungen wird, ohne weiteres möglich ist, die Noten für sich in Ziffern um-
zusetzen, besser: mit der einzelnen Note die Vorstellung der entsprechenden
Ton stufe zu verbinden, daß derselbe mit der Note das Zweifache, das bei
der Ziffernschrift auseinanderfallt, die Tonhöhe und den rhythmischen Wert
des Tones, in Einem hat — Vorzüge genug, denke ich, um die Reform zu
rechtfertigen und dringend zu empfehlen.
Wie nahe übrigens die Beuttersche Reform mit der Ziffernschrift ver-
wandt ist, daß sie sozusagen mehr nach dieser als nach der Notenschrift hin
gravitiert, erhellt auch daraus, daß bei derselben die Namen der Noten
eigentlich etwas ganz Irrelevantes werden, da es sich ja nicht darum handelt,
die Note auf diese oder jene mit dem gleichen Namen bezeichnete Stelle eines
Instrumentes zu übertragen, vielmehr nur die Entfernung der Note vom
Grundton in Betracht kommt. Nur für die Verständigung zwischen Sänger
und Gesangsleitern empfiehlt es sich, dem Schüler die Kenntnis der Noten-
namen, die ja gar keine Schwierigkeit macht, zu übermitteln.
„Aber," höre ich fragen, „braucht's denn ein großes Aufhebens von
dieser Sache, die ja doch eigentlich so einfach, so unbedeutend ist?" — Gerade
so haben die klugen Herren auch gesagt, als Kolumbus das Ei auf den
Tisch stellte. In der Tat, die Beuttersche Notenschrift ist, wenn man Kleines
mit Großem vergleichen darf, ein Kolumbus-Ei, etwas so Naheliegendes,
Natürliches und Einfaches, daß man sich wundern muß, wie lange es ge-
braucht hat, bis einer darauf gekommen ist, und daß jeder denkt: so gescheit
hättest du eigentlich auch sein können.
Mit Erfahrungen kann ja leider wenig aufgewartet werden, da eben
noch so wenig Notiz von den Beutterschen Vorschlägen genommen worden
ist und namentlich das entsprechende Notenmaterial fehlt. Beutter schreibt
in einem Privatbrief: „Der hiesige Lehrer betreibt den Unterricht nach
meiner Methode und ist voller Freude über die Erfahrungen, die er dabei
macht." Und wieder mit Beziehung auf diese Erfahrung: „Es ist eine
wahre Freude zu sehen, wie einfach der Notenunterricht sich gestaltet bet
dieser Art der Notenbehandlung." Das ist freilich Zeugnis in eigener
Sache, wird man sagen. Gewiß. Aber eben darum kommt es nun darauf
an, daß weitere Proben gemacht werden. Wo es sich um eine so wichtige
Sache, die Hebung des Volksgesangs, das Gedeihen, um nicht zu sagen die
Existenz unserer Volkschöre, handelt, da sollte doch ein so ernst gemeinter
und ernst zu nehmender Vorschlag, wie ihn Beutter gemacht hat, nicht
einfach öffentlich totgeschwiegen und in praxi unbeachtet liegen gelassen,
sondern doch wenigstens einem ernstlichen Versuch unterzogen werden. Wollte
denn nicht dieser und jener Lehrer einmal ein Lied nach der Beutterschen
 
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