Lwöw, Stadtpanorama
LWÖW
Die günstige Lage für die Gründung einer Stadt, die bald zur Hauptstadt der
polnischen Woiwodschaft Ruthenien werden sollte, hat sich wie von selbst ergeben. Die
Stadt Lwöw (Lemberg) wurde nach einem verheerenden Überfall der Mongolen, 1240 von
dem Haliczer Fürsten Leo gegründet. 1349 veranlaßte Kazimierz Wielki den Anschluß des
ehemaligen Fürstentums Halicz, einen Teil von Podole und Südwolynien an die Polnische
Krone; die Annexion wurde später von Königin Jadwiga besiegelt. Lwöw entwickelte sich
sehr dynamisch. Einwanderer wie deutsche Schlesier, Armenier, Karaimer, Juden, Griechen,
später Italiener und Niederländer gesellten sich zu den einheimischen Polen und Rutheniem.
Kazimierz Wielki verlegte die katholische Metropole von Halicz nach Lwöw und verlieh der
Stadt 1356 die Magdeburger Rechte, wodurch er sie der Familie europäischer Städte mit gut
entwickeltem Handwerk und ausgezeichnet funktionierendem Handel anschloß. Lwöw war
außerdem ein wichtiger Handelsverkehrsknoten. Andrerseits litt die Stadt unter ständigen
Angriffen der Tataren und der Türken, insbesondere im späten Mittelalter. Im 17.Jh. wurde sie
ebenfalls zum Angriffsziel der Kosaken. Der mutige Widerstand brachte der Stadt die
Bezeichnung: „Leopolis semper fidelis”. König Jan Kazimierz hat hier 1656 mit seinem
berühmten Gelöbnis, Polen der Obhut der Mutter Gottes anvertraut. Im 19.Jh. gehörte die
Stadt zur österreichischen Besatzungszone. Nachdem Galizien Selbständigkeit erlangte, ist
Lwöw seine Hauptstadt geworden. Der mittelalterliche Stadtkern konzentriert sich um
den Markt und um die Kathedrale. Am schönsten ist die östliche Häuserfront des Marktes mit
dem sog. Schwarzen- und dem Königlichen Haus. Im Hintergrund erhebt sich die ehemalige
Dominikanerkirche (1745-1764), ein Werk des Generals und Architekten Jan de Witte.
Die Kirche ist mit ihrer großen elliptischen Kuppel eines der prachtvollsten Bauwerke des
Spätbarocks. Im Tambour befinden sich überdimensionale Statuen von Mönchen aus anderen
Konventen, (vermutlich ein Gemeinschaftswerk ausgezeichneter Lwower Bildhauer aus der
Rokokozeit). In direkter Nachbarschaft der Kathedrale wurde 1607-1617 die Kapelle der
Unitarische St.-Jur-Kathedrale
Patrizierfamilie Boym (vermutlich von Andrzej Berner aus Wroclaw) errichtet. Die aus
bildhauerischer Sicht sehr kunstvolle Gestaltung der Fassade und der Innenräume ist das Werk
des in Ruthenien ansässigen Schlesiers, Jan Pfister. Die ehemalige Bemhardinerkirche mit der
schlanken Fassade und dem Gdansker „Rollwerkgiebel” repräsentiert den an niederländische
Kunst anknüpfenden Manierismus. Die prächtigste Kreation des Lwower Rokoko ist neben der
Dominikanerkirche die malerisch auf einem Hügel außerhalb der Stadt gelegene, wunderschöne
unitarische St.-Jur-Kathedrale. Es ist, als sei hier eine Kathedrale und ein Schloß zu einem Ganzen
verschmolzen. Erbaut wurde sie 1744-1763 von dem in Buczacz lebenden Österreicher Bemard
Meretyn (Merderer). Die herrliche Fassade schmücken Skulpturen von Johann Georg Pinsl. Ein
besonderer Ort in Lwöw ist seine Nekropole, der im Schatten alter Bäume, in hügeliger Landschaft
gelegene Lyczakowski-Friedhof. Er ist nicht nur voller wunderschön gestalteten Grabplatten
sondern auch voller Erinnerungen an die hiesigen Menschen und an die hiesige Geschichte.
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