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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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4. Heft
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Aubert, Andreas: Über Norwegische Bauernkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0133
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Heft 4

Über Norwegische Bauernkunst

119

Sommernacht: Die Abendröte ist noch nicht erloschen, der Tag hinter den Bergen
noch nicht völlig herabgesunken, und schon bricht das erste Frühlicht an und ent-
zündet neue Morgenwolken. Gerade in der tiefsten Erniedrigung begannen frische
Kräfte zu wirken, die das neue Norwegen nach 1814 erstehen ließen.

Im ersten Menschenalter nach der Trennung, als in den Gemütern noch viel
Bitterkeit über die bisherige Abhängigkeit von Dänemark haftete, war man geneigt,
auf die Jahrhunderte der Vereinigung Norwegens mit Dänemark wie auf einen leeren
Raum in unserer Geschichte zu blicken. Den schärfsten Ausdruck fand diese Empfin-
dung 1834 in einer Festrede von Henrik Wergeland, Norwegens erstem Lyriker.
Aber schon bei Wergeland macht sich eine neue Auffassung geltend. Gerade er
wies später nach, wie die neue norwegische Verfassung „tiefere historische Wurzeln hatte,
die sich in die vergangenen Jahrhunderte senkten, tief in die vaterländische Erde hinein“.

Der Verfall und der Untergang des norwegischen Adels, den König Sverres
Äusrottungskrieg gegen die alten Geschlechter einleitete, hatte Norwegen seiner Führer
beraubt gerade zu einer Zeit, als das Land in dem nationalen Selbsterhaltungskampfe
gegen fremde Madht ihrer am meisten bedurfte. Auf diese Weise verlor Norwegen
seine Selbständigkeit, und ein Zeitalter des Niedergangs begann. Aber dieselben
 
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