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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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7. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0281
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AUSSTELLUNGEN

ausgeftellten Skulpturen find die beiden Arbeiten
unferes Bernhard Hoetger die bedeutenden.
Der Einfluß feiner afiatifchen Vorbilder verliert
fich mehr und mehr. Er erreicht immer glück-
licher einen neuen Monumentalftil, indem er in
großen, Linien und breiten Flächen eine gehalt-
volle Ruhe ausdrückt. Er ift eine Antipode
Rodins, der Linien und Flächen nicht mehr
vibrieren läßt, fondern ßch in den Schranken
der Antike bewegt und nach Rodins zitternder
Bewegtheit des Lebens wieder verfucht, den
Körper als eine architektonifch aufgebaute Ein-
heit zu begreifen. O. ü.

STOCKHOLM Eine Leihausftellung kirch-
licher Kunft findet diefen Sommer vom 20. Juni
bis 20. Äuguft in Strengnäs bei Stockholm ftatt.
Die Äusftellung ift von den Vereinigungen für
Altertumfreunde in Nerike und Södermanland
durch ein Komite angeordnet, deren Mitglieder
der Architekt und Kunfthiftoriker Dr. Sigurd
Curman, der Kunfthiftoriker Freiherr Carl R. af
Ugglas und Dr. Johnny Roosval, Dozent für Kunft-
gefchichte a. d. Königl. Univerfität Upfala find.
Man hofft einen intereffanten Einblick in das
kirchliche Kunftleben vom 12. Jahrhundert bis
in die Empirezeit geben zu können. Flölzerne
Marienftatuen,Triumphkruzifixen aus romanifcher
und gotifcherZeit, Heiligenbilder aus fchwedifchen
Lokalfchulen des 14. und 15. Jahrhunderts, die
für Schweden charakteriftifchen adeligen reich
gefdhnißten Wappenepitaphien des Barock, illu-
ftrieren die Gefchichte der fchwedifchen Holz-
plaftik. Tauffteine, Ölgemälde, Äntependien und
Meßgewände (eine reiche Sammlung von 14.
bis zum 18. sec.) vervollständigen die Kunft-
gefchichte der mittleren Teile Schwedens und
geben dem ausländifchen Forfcher eine Vor-
ftellung der Beziehungen zwifchen der konti-
nentalen und der fchwedifchen Kunft. Ein be-
fonderes Intereffe bieten daneben die gute Samm-
lung niederländifchern Schnißaltäre in Strengnäs,
worunter der größte exiftierende gemalte und
vergoldete Brüffeler Schnißaltar des 15. Jahr-
hunderts vom „Meifter mit dem Knabenkopfe“.

Gleichzeitig gibt die fchöne Backfteinkathedrale
von Strengnäs mit ihrem fchönen gemalten
Dekor vom 14. Jahrhundert ein gutes Bild der
fchwedifchen Architektur. Die neulich von der
Tünche befreiten Gewölbemalereien find nach
modernen, ausfchließlich konfervierenden, nicht
reftaurierenden Methoden behandelt und bieten
ein lehrreiches Exempel für die fchwierige Re-
ftaurierungsfrage.

Näheres wird mitgeteilt durch Dr. Johnny
Roosval, 24 Norr Mälarftrand, Stockholm.

WIEN Der Schweizer Augufto Giacometti,
derjeßt beiMiethke eine größere Anzahl feiner
Arbeiten ausgeftellt hat, fcheint mir ein haupt-
fächlich dekoratives Talent zu fein. Seine Ent-
würfe für Wandgemälde und die Illuftrationen
zu C. F. Meyers Roman „Jürg Jenatfch“ zeigen
ein ftarkes Empfinden für rhythmifche Gliederung
der dekorierten Fläche. Aber ihr „Stil“ wirkt
nicht immer urfprünglich, nicht, als fei er aus
eigenem Formgefühl erwachfen, und die maleri-
fchen Qualitäten find faft in allen hier vereinigten
Arbeiten auf die Wahl harmonifcher Farben-
akkorde befchränkt.

In einem zweiten Saal hat die Kunfthandlung
Miethke eine Kollektion farbiger Holzfchnitte des
außerordentlich begabten Carl Mofer in Bozen
ausgeftellt. Der — meines Wiffens noch nicht
fehr bekannte, jedenfalls nicht feinem Wert
gemäß gefchäßte — Künftler hat wohl aus dem
Studium japanifcher Holzfchnitte ftarke, für feine
Entwicklung günftige Anregungen empfangen.
In der Art, wie Mofer feine Figuren in den Raum
ordnet, wie er große Flächen und energifche
Linien in wohlberechneten Wechfel bringt und
intenfive Lokalfarben durch Mitteltöne zu ge-
fchloffener koloriftifcher Wirkung zu vereinen
ftrebt, ift der fremde Einfluß zu fpüren aber auch
die eigenwillige Perfönlichkeit eines felbftändigen
Künftlers zu erkennen. Die Sujets der Holz-
fchnitte find meift Motive aus bretonifchen Dörfern
und aus Tirol.

Einen vorzüglichen Gefamteindruck macht die
Kollektivausftellung von Werken Emil Orliks
im Kunftfalon Heller; zunächft die Ölgemälde:
vier im Kolorit und malerifchen Vortrag gefchmack-
volle und intereffante Blumenftücke, ein Garten-
bild in fatten Farbtönen und eine Dorfkirche,
die den Künftler auf einem neuen Weg maleri-
fcher Beobachtung zeigt; daneben eine große
Reihe von Aquarellen, Zeichnungen und Radie-
rungen, die die bekannten Gebiete feiner Wirk-
famkeit repräsentieren. Die umfangreiche Serie
der radierten Porträts läßt vielleicht am deut-
lichften erkennen, wie diefer Künftler unermüdlich
weiterftrebend in den leßten fünfzehn Jahren
die Äusdrucksmittel feiner Intentionen verparkt
und bereichert hat: man braucht nur die Bild—
niffe der Profefforen Wölfler (1897) und Roft-
horn (1898) mit dem Porträt Guftav Mahlers
vom Jahre 1902 und weiter mit den neuften
Bildniffen von Hermann Bahr, Hauptmann und
Profeffor Veit zu vergleichen, um das erstaun-
liche Wachstum einer, fchon in ihren Anfängen
intereffanten und wertvollenKünftlerindividualität
freudig zu begreifen. Victor Fleifcher.

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