Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (2.1910)

MÄLEREI IN DER OSTASIATISCHEN KUNSTABTEILUNG DER BERLINER MUSEEN

Abb. 22. Köetfu, Hlbumblatt. Farbige Malerei auf Papier. 18x16,5 cm

dreifach gewen-
det zu überzeu-
gendem Leben.

— Diefe beiden
Arbeiten können
felbftredend nicht
im entfernteften
Seffhüs Bedeu-
tung vergegen-
wärtigen. Fehlen
doch vor allem
Landfchaften, fei-
ne großartigfte
Domäne. Immer-
hin laßen fie doch
eine Spur feines
Wefens ahnen

— die eindeutige
Klarheit feinesPin-
fels und fein dra-
matifches Tem-
perament. Und
vielleicht wird
auch fühlbar, daß
den Schöpfungen
Seffhüs immer
ein tiefes vifu-
elles Erlebnis zu
Grunde liegt. Vir-
tuofität wäre das
fichere Kennzei-
chen einer Kopie.

Aus der Schule, die Seffhü gründete, der Unkokufchule, ging eine anfehnliche Zahl
tüchtiger Meifter hervor. Unter ihnen ift allein Seffon (Mitte des 16. Jahrhunderts) dem
großen Führer vergleichbar. Ja, Seffon wußte fogar feine Individualität dem Lehrer
gegenüber zu bewahren. Seine Sturmlandfchaft aus dem Befifee des Marquis Satake
in Tökyö bedeutet faft in demfelben Grade einen Markftein in der Gefchichte der ja-
panifchen Malerei wie Seffhüs Rolle aus dem Befitje des Fürften Mori.1 Den Hahacho
des Berliner Mufeums, der in Auffaffung und Motiv dem Nifuku (zwei zufammen-
gehörige Bilder) des Herrn Muragama in Ofaka fehr nahe fteht, kann ich nicht allzu
hoch fchätjen. Um fo trefflicher fcheint mir die kleine Landfchaft zu fein (Abb. 20), die
Seffons Stempel trägt. Sie ift außerordentlich charakteriftifch für den kühnen Rhythmus
von Seffons Hand. Der Konchi-in in Kyoto befitjt eine fchöne Arbeit (Abb. 21), die
gleiches Leben atmet. Beides find „Haboku fanfui“, das heißt wörtlich: Landfchaft aus
zerbrochenen Strichen. Solche Landfchaften ftellt der Japaner über alles. Und Seffhü

1 Beide als Einzelreproduktionen in Originalgröße im Verlag Shimbi Shoin erfchienen.

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