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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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2. Heft
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Bombe, Walter: Die Vorbereitung für eine Ausstellung italienischer Porträtkunst aus drei Jahrhunderten in Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0085

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VORBEREITUNGEN FÜR EINE AUSSTELLUNG ITALIENISCHER PORTRATKUNST

das Selbftbildnis des Caftiglioni verfprochen.
Aus Mantua kommt wahrscheinlich der farben-
gewaltige frühe Rubens von 1604, die Dreieinig-
keit mit den Bildniffen Vincenzos I. Gonzaga
und feines Vaters Guglielmo nebft ihren Ge-
mahlinnen. Aus Mailand find Werke des
Hayez, des Appiani und des Sala unterwegs,
Giufeppe Beltrami fendet drei herrliche Bildniffe
des Ghislandi, die Conteffa Labia ein Stück von
Molteni und zwei von Rofalba Carriera, und
die Sammlung Crefpi das Bildnis des Giufeppe
Crefpi und das Porträt eines Kardinals von
Giambattifta Strozzi; aus Modena kommen
mehrere Werke des Malatesta und ein fchöner
Crefpi aus dem Befihj des Marchefe Campori.
Aus Neapel find Werke des Bonito, des Soli-
mena, des Angelini und als Hauptftück Riberas
S. Maria Egiziaca, das Bildnis feiner Tochter,
unterwegs. Der König hat den ganzen Befitj
an Bildniffen in feiner Villa zu Caferta zur Ver-
fügung geftellt, und Dr. Tarchiani hat daraufhin
etwa fünfzig Gemälde ausgewählt. Piacenza
fteuert ein großes Bild von Gerard bei: das
Porträt der Sängerin Pizzaroni mit ihrem Gatten,
dem Violiniften. Bedeutend ift der Beitrag
Roms: Die Fürften Spada, Doria, Rofpigliofi,
Pallavicini und Barberini haben den Komiffären
der Ausftellung eine Auswahl ihrer Schäle an-
geboten, und das Hofpital von Santo Spirito
fendet das Bildnis des Arztes De Rubeis von
Guercino. Die Accademia dei Concordi in
Rovigo will fechs Bildniffe ihrer Mitglieder von
Tiepolo, Piazzetta, Longhi, Nogari und Pittoni
besteuern. Die Biblioteca Capitolare in Siena
hat die Büfte Alexanders VII. von Bernini und
die Accademia di Belle Arti dafelbft Zuccheris
Porträt der Elifabeth von England verfprochen.
Aus Turin hat der Duca di Aofta das Bildnis
des Conte della Cifterna von Delaroche zuge-
fichert. Udine beteiligt fich mit dem Concilium
in Arena von Tiepolo, und Venedig hat fich
befonders opferfreudig gezeigt: Der Marchefe
Bentivoglio d’Arragona fendet das Bildnis eines
Bentivoglio von Longhi, der Conte Dona delle
Rofe einen Äleffandro Longhi, das Bildnis eines
Senators Barbarigo, und der Principe Giovan-
nelli nicht weniger als zwölf Porträts feiner
Galerie. Die ganze Schauftellung wird nach
ungefährer Schälung etwa 400 Stücke umfaffen.
Äußer dem kleinen Handkatalog wird auch ein
großes, befchreibendes Verzeichnis mit Ab-
bildungen fämtlicher ausgeftellter Werke heraus-
gegeben werden, das etwa 30 Franks koften
wird und deffen Verlag die Societä di Arti
grafiche in Bergamo übernommen hat.

Hödift erfreuliche Neuordnungen find feit
mehreren Jahren in den fürdieMoftra beftimm-
ten Prachträumen des erften und zweiten Stock-
werks durchgeführt worden. Man hat zunächft
das fogenannte Quartier der Elemente geräumt
und damit eine ganze Flucht von Sälen und
Zimmern gewonnen, deren Friefe und Decken
unter Leitung Vafaris von Jacopo Salviati und
Giovanni da Udine mit Fresken dekoriert wor-
den find. Die alte Hauskapelle der Eleonora da
Toledo hat durch Wiederaufftellung dreier Bilder
Bronzinos, die 1908 von den Uffizien zurück-
gegeben wurden, ihren urfprünglichen Altar-
fchmuck wieder erhalten. Die drei Bilder, welche
die Pieta, den Engel der Verkündigung und die
Annunziata darftellen, ergeben mit den Fresken
des Meifters, die fich an Ort und Stelle vorzüg-
lich erhalten haben, einen Prachtraum, den die
Befucher der Moftra gewiß bewundern werden.
In den übrigen Räumen, welche die prachtliebende
Gemahlin des erften Großherzogs bewohnt hat,
find Florentiner Teppiche mit Jagdfzenen aus
altem Mediceerbefitz aufgehängt. Auf 80 Mil-
lionen ift der Beftand an Gobelins, den die Stadt
Florenz ihr eigen nennt, kürzlich bewertet worden.
Die mythologifchen und allegorifchen Fresken in
diefen Räumen erregen mehr Kuriofitäts- als
künftlerifches Interereffe, geben aber für das
auszuftellende Bildermaterial einen prächtigen
Hintergrund ab. Während der Vorbereitungs-
arbeiten für die geplante Schauftellung hat Dr.
Giovanni Poggi, der Direktor des Bargello,
noch einen bedeutfamen Fund gemacht. Es ift
ihm gelungen, das Studierzimmer des Groß-
herzogs Francesco I. wieder aufzufinden und
feinen Bilderfchmuck zu rekonftruieren. Das
Studio ift ein kleiner rechteckiger Raum mit
Tonnengewölbe neben dem Saal der Cinque-
cento; eine genaue Unterfuchung der Decken-
malereien führte Poggi zu der Feftftellung, daß
diefer bisher fälfchlich als Vorraum der Schatz-
kammer benannte Raum-identifchiftmit dem Studio
des Großherzogs. Nach einer genauen Befchreibung
im „Ripofo“ Raffaello Borghinis, der das Pro-
gramm des Bilderfchmuckes entworfen hat,
mußte die Decke mit einer Allegorie der Natur
und der vier Elemente von Poppi gefchmückt
fein. Dies traf zu, und Nachforfchungen im
Staatsarchiv führten zu der Wiederauffindung
der Zahlungsvermerke an verfchiedene Schüler
Vafaris. Nach Abbruch einer dünnen Ziegel-
mauer kamen die in die Wand eingelaffenen
Bücherfchränke zum Vorfchein, deren Türen mit
allegorifchen Darftellungen von Santi di Tito,
Giovanni Stradano, Battifta Naldini, Mirabello
Cavalori und Girolamo Macchietti mit ihren
goldenen Rahmen fich tadellos intakt im Magazin

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