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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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2. Heft
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Bombe, Walter: Die Vorbereitung für eine Ausstellung italienischer Porträtkunst aus drei Jahrhunderten in Florenz
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DIE VORBEREITUNGEN FÜR EINE AUSSTEL-
LUNG ITALIENISCHER PORTRÄTKUNST AUS
DREI JAHRHUNDERTEN IN FLORENZ

Den befcheidenen Veranftallungen ähnlicher
Ärt in Mailand und in Rom (1910) wird im
kommenden Frühjahr eine weit großartigere
Schauftellung alter Bildniskunft in Florenz folgen,
der die prachtvollen Säle im erften und zweiten
Stockwerk des Palazzo Vecchio einen glänzen-
den Rahmen bieten werden. Die Äbficht der
Äusftellungsleiter geht dahin, die wichtigften
Werke italienifcher Porträtmalerei vom Ende
des Cinquecento bis zum Jahre 1861 während
der Monate März bis Juli in Florenz zu ver-
einigen. Die recht bedeutenden Koften derÄus-
ftellung werden teils von der Stadt, teils von
der Regierung getragen. Für diefe und für eine
gleichzeitige Blumenausftellung hat der Staat
100000 Francs und die Stadt 50000 Francs be-
willigt, während die Cassa di Risparmio 10000
Francs beifteuern will. Älle italienifchen Maler-
fchulen von Bedeutung werden mit charakte-
riftifchen Proben auf der Florentiner Moftra ver-
treten fein. Die Porträtkunft Venedigs wird
durch Tintoretto, Baffano, Pietro und Äleffandro
Longhi, Rosalba Carriera, Tiepolo und Piazzetta
glänzen, die lombardifche Gruppe wird vor allem
Werke der Sofonisba Änguiffola, des Francesco
del Cairo, des Daniello Crespi und des Francesco
Cittadini aufweifen. Eine befondere Gruppe
follen die Bergamasken bilden; Nazari, Ceresa,
Cifrondi und Fra Vittorio Ghislandi mit feinen
Lehrern Ädler undBombelli find hier die Haupt-
vertreter. Genua fchickt Werke des Cambiafo,
des Baciccio, des Mulinaretto und des Carbone.
Äus Bologna hofft man eine größere Zahl von
Bildniffen der Caracci, des Domenichino, des
Guercino, des Guido Reni, des Giufeppe Crespi
zu vereinigen. Von Künftlern Mittelitaliens
werden Carlo Dolci und Giovanni da Sangio-
vanni, Pompeo Batoni, Federigo Barocci, Ändrea
Sacchi, Saffoferrato und Carlo Maratta vertreten
fein; Süditalien durch Caravaggio, Ribera, den
Monrealefe, Bonito und einige bisher weniger
gekannte Meifter. Eine befondere Gruppe wer-
den die italienifchen Künftler bilden, die um die
Wende des achtzehnten und zu Änfang des
neunzehnten Jahrhunders in Öfterreich, Polen
und Rußland gearbeitet haben, fo Giovan Battifta
und Francesco Lampi, Marcello Bacciarelli und
Giufeppe Graffi. Die Äkademiker und Roman-
tiker von Äppiani bis Laudi, von Malatefta bis
Hayez und Piccio, von Benvennti undTofanelli
bis zu Bezzuoli, von Camuccini bis zu Podefti
illuftrieren die Kunftbeftrebungen Italiens auf dem

Gebiete der Porträtmalerei vom Ende des acht-
zehnten bis zur Mitte des neunzehnten Jahr-
hunderts.

Einige genauere Ängaben über die teils in
Äusficht geteilten, teils bereits eingetroffenen
Hauptftücke der Schauftellung vermochte der Be-
richterftatter dem rührigen Sekretär des aus-
führenden Komitees, Dr. Nello Tarchiani, zu
entlocken. Sie feien im folgenden mitgeteilt:
Äus Berlin find von Exzellenz Bode bereits zu-
gefagt: Ägoftino Caracas Bildnis der Giovanna
Parolini-Guicciardini, das vielumftritteneGemälde
von der Hand Andrea Sacchis oder Niccolo
Renieris, das man bis vor kurzem für ein Por-
trät des Generals Äleffandro dal Borro hielt,
ferner Rotaris Bildnis des Ignazio Äccoramboni
und andere Stücke. Äus München werden
Werke des Meffinger, des Baciccio und das
Bildnis des Gafpare Landi von Canova erwartet,
aus Breslau das Bildnis des großen Kur-
fürften von Sebaftiano Bombelli, aus Straß-
bürg Ändrea Sacchis Porträt eines Generals des
Äuguftinerordens und aus dem Wiener Hof-
mufeum neben anderem Carlo Dolcis Konterfei
der Claudia Felicita, Tochter Karl Ferdinands
von Tirol. Der Fürft von Liechtenftein wird die
Spinettfpielerin von Caravaggio, Francesco Ca-
fanovas Bildnis Peters des Großen von Rußland
und den Cimarofa des Longhi beifteuern. Mit
der Direktion der Eremitage in Petersburg find
Verhandlungen im Gange, die hoffentlich bald
zum Äbfchluß führen werden; aus der Samm-
lung des Barons Reutern-Nolken ift das durch
den Berichterftatter nachgewiefene authentifdhe
Bildnis des Generals Äleffandro dal Borro von
Suftermans zugefichert; aus der Pradogalerie
und aus englifchen Sammlungen hofft das Ko-
mitee einige Hauptftücke zu bekommen. Viel
reicher als diefe Beiträge aus anderen Ländern
wird natürlich das Material fein, das die ein-
zelnen Städte Italiens beifteuern werden. Äus
Bergamo kommt eine ganze Kollektion der
oben genannten Lokalkünftler, aus feinen beiden
Paläften in Florenz leiht der Principe Corfini
zwanzig der fchönften Stücke her, während der
Conte Bardi-Sarzelli das Bildnis eines Bardi in
ungarifcher Tracht von Carlo Dolci in Äusficht
geftellt hat. Äus Forli fendet der Marchefe
Älbicini das prächtige Konterfei des Kardinals
Sfondrato von Guido Reni. Genua wird einige
Hauptftücke des Palazzo Bianco beifteuern und
der Marchefe Doria hat aus feiner Sammlung

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