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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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7. Heft
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Denkmalpflege
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Gesellschaften und Vereine
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DENKMALPFLEGE o GESELLSCHAFTEN UND VEREINE

Chorwände bedeckte, fortgenommen, fo daß das
urfprüngliche warme Rot des Backfteinmaterials
wieder zur Wirkung gebracht ift, unterftüfet
durch eine kräftige und reiche, aber mit großem
Verftändnis ausgeführte Bemalung. Nur die
Wandflächen der Umfaffungsmauern in den
äußeren Seitenfchiffen, ferner die Gewölbekappen
und Schildbogen find weiß gelaffen. Was fich
von alten Ausftattungsftücken des Raumes noch
an Reften und Bruchftücken vorgefunden hat,
ift zu einem kleinen hübfchen Mufeum in der
Empore neben dem Turm zufammengeftellt.
Auch nach außen hin ift während der lefeten
Jahre viel für die Erhaltung des Baus getan
worden. Die Kupferdächer find neu eingedeckt,
das Mauerwerk ift überall ausgebeffert worden,
und befonders der Turm hat Vorteil aus den
Erneuerungsarbeiten gezogen. Ferner hat man
in dem chorartigen Äbfchluß des nördlichen
Seitenfchiffs neben dem ehemaligen Chor der
Sülzjunker eine Taufkapelle von höchft reizvoller
Wirkung eingerichtet. Huch hier fällt die ver-
ftändnisvolle dekorative Bemalung der Fenfter-
wand, des angrenzenden Springintgutgewölbes
und der kleinen v. Sternfchen Grabkapelle auf.
Die Mitte nimmt der von den Sülzmeiftern ge-
giftete Taufkeffel aus Bronze ein. ln die eine
Wand ift ein kleines beachtenswertes Relief mit
der Darftellung einer Verkündigung eingelaffen
(f. Äbb.). Leider ift der urfprünglich erhobene
Ärm des Engels abgebrochen. Die Anfafeftelle
der Hand erkennt man noch in der kleinen
muldenförmigen Vertiefung auf dem Flügel. Ob
das Stück, das der Engel in der linken Hand
wie einen Blumentopf umfaßt hält, das Ende
eines Spruchbands war, läßt fich nicht mehr genau
erkennen. Obwohl die Behandlung zum Teil
recht grob erfcheint, befonders in den Gewän-
dern, zeigt das Ganze doch eine frifche Ge-
ftaltungsgabe. Herkunft und Künftler des wohl
Ende des 15. Jahrhunderts entftandenen Sand-
fteinreliefs find unbekannt. Vielleicht ift es
niederländifche Arbeit, worauf die Typen zu-
nächft hinweifen. Maria, deren dem Engel zu-
gewandte Profilftellung ganz ungewöhnlich ift,
erinnert im Motiv lebhaft an fixende Frauen-
geftalten der altniederländifchen Malerei wie
die Magdalena des Rogier van der Weyden in
der Londoner Nationalgalerie. H. J.

LUZERN Den Vertretern der Eidgen. Gott-
fried Keller-Stiftung, Prof. Zemp und Dr. Meyer-
Rahn, gelang es, dank den jahrelangen Be-
mühungen von Dr. Angft, das Chorgeftühl aus
St. Urban (Kanton Luzern), das vor 50 Jahren
nach Schottland verkauft wurde, der Schweiz
wiederzugewinnen. Die prachtvollen Stühle,

aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts follen
wieder in der Klofterkirche zu St. Urban auf-
geftellt werden. Ihr jefeiger Ankaufspreis war
50000 gegen 150000 Fr., die vor wenigen Jahren
gefordert wurden. J. C.

GESELLSCHAFTEN UND
VEREINE

MÜNCHEN (Sez effion.) In der Mitglieder-
verfammlung der Sezeffion, die am 15. März
ftattfand, wurden nachftehende Herren als ordent-
liche Mitglieder in die Sezeffion aufgenommen:
Bernhard Bleeker, Bildhauer, München; Aman-
dus Faure, Maler, Stuttgart; Willy Geiger,
Maler, München; Julius Heß, Maler, München;
Charles Jaeckle, Bildhauer, München; Wilhelm
Koeppen, Maler, München; Akademieprofeffor
Erwin Kurz, Bildhauer, München; Hans Les-
ker, Maler, München; Karl Reifer, Maler,
München und Partenkirchen; Paul Rieth, Maler,
München; Paul Roloff, Maler, München; Karl
Hans Schrader-Velgen, Maler, München.

ROM Hdunanz des Kaiferl. Deutfchen
Archäologifchen Inftituts vom 24. März.
Delbrück hielt dem vor zwei Wochen verdor-
benen Generalfekretär Prof. Puchftein einen
warmen Nachruf und hob deffen wiffenfchaft-
liche Tätigkeit, die zum großen Teile Italien
zugute kam, hervor. Hierauf fprach Deubner
zur Entwicklungsgefchichte der römifchen Re-
ligion. Die grundlegenden Arbeiten hätten
Woffowa und Fowler geliefert, er wolle hier, von
diefen ausgehend, einzelne Fefte auf ihren Ur-
fprung und ihre Bedeutung prüfen. Vorerft die
Palilien und Luperkalien. Die Riten der Pa-
lilien zerfallen in zwei Klaffen: Gebet und
Opfer an Pales, dann eine Reihe apotropäifcher
Gebräuche. Die Luperkalien hätten ihren Urfprung
in dem Wunfche, die Herden vor dem Wolfe
zu fchüfeen, fpäter feien noch andere Vor-
sehungen zugewachfen. Deubner fprach dann
über die Waffenreinigung und wies auf die
merkwürdigen Analogien zu Gebräuchen der
Maori hin. Er befprach dann die Saturnalia,
Divalia, Fontinalia, Veftalia und Portunalia, die
Verbindung von Zauber und Opferritus und
die Lustration. Die Riten lehren, daß auch in
Rom die Gottheit nicht von Anfang an als Spen-
der des Segens betrachtet wurde. Die Götter
feien eine verhältnismäßig fpäte Erfindung. In
einigen Fällen entftänden Götter durch Riten.
Deubner fchloß feine Rede mit dem Wunfche,
daß das neue Italien, das gerade jefet einhoch-
bedeutfames Feft feiere, fich endlich entfchließen

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