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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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VERMISCHTES ° LITERATUR

Boifferees und [eine kunftgefchichtlihen Kol-
lektaneen erworben, nachdem es fchon 1903
durch Schenkung von Frl. Elife Boifferee in den
Befilj [eines von 1783 bis zu [einem Tod 1854
reichenden Briefwech[els mit hervorragenden
Zeitgenoffen gelangt war. Die Tagebücher gehen
noch weiter, nämlich bis 1808 zurück und bilden
für die erfte Hälfte des 19. Jahrhunderts, für die
nicht viel Quellenmaterial vorliegt, eine wertvolle
Fundgrube. Die Familie des bedeutenden Man-
nes [tammte aus Belgien, der Vater war ein
[ehr kinderreicher Kölnifcher Kaufmann. Mit
15 Jahren kam Sulpiz 1798 in die kaufmännifche
Lehre nach Hamburg, er kehrte aber fchon im
nächften Jahre zurück. Im September 1803 unter-
nahm Sulpiz mit feinem drei Jahre jüngeren
Bruder Melchior uud dem befreundeten Bertram
eine Reife nach Paris, um die dortigen mittel-
alterlichen Schäle kennen zu lernen. Hier hörten
die Freunde die Vorlefungen Friedrich von
Schlegels, den fie beftimmten, im Mai 1804
mit ihnen nach Köln zu kommen, wo, wie über-
haupt damals am Rhein, die Sammeltätigkeit ein
ergiebiges Feld vorfand. Mit den zufammen-
gebrachten Kunftfchätjen, meift Gemälden aus
dem 14. bis 16. Jahrhundert, fiedelten die Brüder
1810 nach Heidelberg über, wo fie den Befuch
Goethes empfingen. Die Sammlung ging 1829
an König Ludwig I. von Bagern über, der
140000 Taler dafür bezahlte und fie der Pinako-
thek einverleibte, die 20 Jahre vorher durch die
berühmte Düffeldorfer Gemäldegalerie des Kur-
fürften Johann Wilhelm ihren Grundftock erhalten
hatte. Über die Entftehung, Herkunft und die
Schickfale diefer Boiffereefchen Sammlung [ollen
die Tagebücher intereffante Äuffchlüffe geben,
und auch auf das politifche und gefellfchaftliche
Leben der damaligen Zeit wird manches inter-
effante Licht fallen. Boifferee hat [ich bekannt-
lich auch die größten Verdienfte um den Ausbau
des Kölner Domes erworben. Seit 1808 hat
er daran genaue Meffungen ausgeführt und
Zeichnungen entworfen, die die Grundlage wur-
den für fein 1822 bis 1831 erfchienenes großes
Werk „Anfichten, Riffe und einzelne Teile des
Domes zu Köln“. Von den Entwürfen hatte er
1810 eine Auswahl an Goethe gefandt, der [ich
daran von „der Unausführbarkeit eines fo un-
geheuren Unternehmens“ überzeugte. Sulpiz
Boifferee war es vornehmlich, der den Sinn für
die mittelalterliche Baukunft in Deutfchland wie-
der anregte. 1835 ernannte ihn Ludwig von
Bayern zum Generalkonfervator der plaftifchen
Kunftdenkmale Bayerns, 1845 rief ihn Friedrich
Wilhelm IV., den er fchon als Kronprinz für den
Kölner Dom zu begeiftern gewußt hatte, nach
Bonn, wo er neun Jahre fpäter ftarb. Hoffent-

lich finden [ich bald geeignete Hände, die aus der
nun zugänglich gemachten Quelle die reihen
Schäle heben.

LITERATUR

*Das Erbe der Alten. Unter diefem Titel
beginnt foeben in der Dieterichfchen Verlags-
buhhandlung Theodor Weiher in Leipzig eine
Folge von Schriften über Wefen und Wirkung
der Antike zu erfheinen, deren erftes Heft vor-
liegt. Es hat Georg Treu zum Verfaffer, der
über die hellenifchen Stimmungen in der
Bildhauerei von ein ft und jeljt fhreibt.
Diefe Arbeit ift aus der feinerzeit fhon gewür-
digten Feftrede für die Goethe-Gefellfchaft her-
vorgewahfen und bringt einen fehr fharf ge-
prägten Überblick über jene Meifter in der Bild-
hauerkunft des Mittelalters, der Renaiffance und
der Neuzeit, die mit ihrem Empfinden in irgend-
einem Zufammenhange mit der Antike ftehen.

Die Tendenz der Sammlung geht darauf hin-
aus, die gefhihtlihe Kontinuität zwifhen der
antiken Kultur und der unfrigen nahzuweifen
und diefen Gedanken mit all feinen Folgerungen
zum Gemeinbefi^ zu mähen. Es wird fih im
Detail um eine Äuslefe der noh heute wirken-
den und zur Wirkung berehtigten Kräfte und
Perfönlihkeiten handeln.

* In der bekannten Sammlung kunftgefhiht-
liher Leitfäden unter dem Titel „Ars Una“, die
bei J. Hoff mann-Stuttgart erfheint, iftkürzlih
ein neuer, bedeutfamer Band, die Gefhihte
der Kunft in Nord-Italien von Corrado
Ricci erfchienen, der in feiner Art meifterhaft
und vorbildlich genannt werden darf. Die
deutfhe Übertragung ftammt von Dr. L. Pollak.
Der Preis von 6 Mark ift im Hinblick auf die
770 Abbildungen und 4 Farbentafeln geradezu
erftaunlih billig.

Im Verlage von Friedr. Wolfrum & Co., Wien-
Leipzig beginnt foeben unter dem Titel „Archi-
tektonifhe Handzeihnungen alter Mei-
fter“ ein Werk zu erfheinen, das für die Er-
kenntnis auf diefem Spezialgebiet außerordentlih
nützlich fein kann. Der Herausgeber ift Dr. Her-
mann Egger. Die Anlage des Werkes ift fo
vorgefehen, daß je ein Band 60 zum Teil far-
bige Lichtdrucktafeln mit kritifhen Erläuterungen
umfaßt, jeder Band hat wiederum 3 Lieferungen.
Der Preis eines Bandes beträgt 120 M. Die Bib-
liotheken, kunfthiftorifhen Inftitute, Seminare,
vor allem auh die Kunfthändler und Sammler
können an diefer verdienftvollen Publikation
niht vorübergehen.

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