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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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20. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0859

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DER KUNSTMÄRKT — von den Auktionen

DIE VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG GUSTAV VON GERHARDT

II. TEIL: GEMÄLDE ÄLTER MEISTER.

Die zweite Abteilung der berühmten Buda-
pefter Privatfammlung wird gleich im Änfchluß
an die numerifch bedeutendere kunftgewerbliche
Kollektion verweigert. Sie umfaßt insgefamt
nur 113 Nummern, die bis auf zwei hervor-
ragende Werke Michael Munkäcsys die ge-
famte Kunftentwicklung des 15.-18. Jahrhunderts
umfpannen. Gabriel von Terey, der Direktor
der Budapefter Gemäldegalerie, hat dem Katalog
ein Geleitwort mit auf den Weg gegeben, deffen
Gedankengänge kurz rekapituliert feien. Ähnlich
wie auf dem Gebiete des Kunftgewerbes, fo hat
v. Gerhardt auch bei den alten Meiftern in erfter
Linie nach Qualität gefucht und unter diefem
Gefichtspunkt hat feine Sammlung mit der Zeit
ein einheitliches Gepräge bekommen, da fich —
wie Terey treffend bemerkt — die guten Bilder alle
nebeneinander fehen laßen können, auch wenn
fie den mannigfachften Richtungen angehören.
Die Hauptliebe des Sammlers galt den Werken

nieder ländifcher Künftler, die in ihrem reichen
Motivenfchaß alle Gebiete der Malerei jener Zeit
berühren. Es ift die Blütezeit der holländifchen
Malerei des 17. Jahrhunderts, die in erfter Linie
zur Geltung kommt, auch wenn einige wertvolle
Werke der Primitiven, fo die Anbetung der hei-
ligen drei Könige von Herry Bles genannt
Civetta oder eine große Holztafel vom „Meifter
der weiblichen Halbfiguren“ bedeutfam genug
hervortreten. Gerade das letztgenannte Stück
ift kulturhiftorifch ungemein intereffant, weil es
die Änficht von Paris und Notre-Dame zeigt und
der Identifikation des Meifters auf Clouet nach
Wickhoffs Annahme eine fchwerwiegende Stütze
gibt. Eine piece de resistance für fich ift außer-
dem noch der famofe Brueghel von 1556, der
das Laboratorium des Chirurgen darftellt und
voll derben bäuerifchen Humors ift (fiehe Äbb.).
Eine Kreuzigung von Michael van Coxie
macht den Befchluß diefer Epoche.

Für die Glanzzeit des 17. Jahrhunderts war

PIETER BRUEGHEL D. Ä., Das Laboratorium des Chirurgen
Kat.-Nr. 93. Verweigerung der Sammlung G. von Gerhardt am 10. November bei R. Lepke, Berlin

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