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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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5. Heft
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Steinmann, Ernst: Aus römischen Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0195

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Von E. STEINMÄNN

AUS RÖMISCHEN KIRCHEN

Mit 2 Abbildungen auf einer Tafel

Wir verdanken es einer Anregung Domenico Gnolis, daß man fich zu einer Wieder-
herftellung der Grabftätte Raffaels im Pantheon entfchloffen hat. Schon vor
einigen Monaten wurden die Grabfchriften Raffaels und feiner Verlobten Maria Bibbiena
dort wieder in die Mauer eingelaffen, wo fie [ich aller Wahrfcheinlichkeit nach ur-
fprünglich befunden haben: rechts und links von dem Altar, den noch heute die
Madonnenftatue ziert, die Pietro Lorenzetto im Aufträge Raffaels gemeißelt hat. Als
man im Jahre 1833 Raffaels fterbliche Refte wieder auffand, wurden fie in einem
reich fkulptierten antiken Sarkophag geborgen, der in Oftia gefunden war und den
Gregor XVI. zu diefem Zwecke ftiftete. Seit einigen Tagen ift man befchäftigt, diefen
Sarkophag zu heben, um ihn dem Auge fichtbar unter dem Altar aufzuftellen, auf
dem Lorenzettos Madonna noch heute fteht. Zum 6. April, dem Todestage des
Urbinaten, Jollen die Arbeiten vollendet fein. „Raffael unter der Wölbung des Pan-
theon,“ ruft Gnoli aus, „in einem römifchen Sarkophag neben der Verlobten zu Füßen
der Madonna beftattet, die er felber meißeln ließ — quanta eloquenza di cose!“

In S. Maria sopra Minerva hat Domenico Anderfon im letzten Sommer eine
Reihe wichtiger Aufnahmen gemacht. Es ift ihm zum erftenmal gelungen, Michel-
angelos Chriftus ohne das bronzene Lendentuch zu photographieren, das in feinen
aufdringlichen Falten und ftilwidrigen Formen, die fchlichte Schönheit menfchlicher Ge-
ftalt hier fo empfindlich ftört. Schon die erften Auflagen von Franzinis Romführer
aus der zweiten Hälfte des Cinquecento zeigen Michelangelos Chriftus mit diefem
Lendentuch.

Anderfon hat bei diefer Gelegenheit aber auch zum erftenmal zwei Fragmente vom
Grabmal Pauls IV. aufgenommen, die erft vor kurzem im Korridor zur Sakriftei eine
würdige Aufteilung gefunden haben. Der Stich in Ciacconis Vitae et resgestae ponti-
ficum Romanorum zeigt uns, daß die Statuen der „Fides“ und der „Religio“ einft den
Giebel des Denkmals des Caraffa-Papftes fchmückten, das Pius V. feinem Vorgänger
fetten ließ. Wir erkennen noch auf diefem Stich, daß die Fides in der erhobenen
Rechten einen Kelch mit der Hoftie hielt, deffen obere Hälfte im Original abgebrochen ift.

Das Denkmal Pauls IV. wurde bekanntlich nach einer Zeichnung des Pirro Ligorio
ausgeführt, und die Statue des finfter blickenden Pontifex hat Giacomo Coffignola ge-
meißelt. Den Bildhauer der beiden Allegorien aber lernten wir erft aus einem un-
längft entdeckten Vertrage kennen, der vom 9. April 1566 datiert ift. Hier wird dem
Mailänder Bildhauer Tommafo della Porta die Ausführung diefer Statuen übertragen.
(Vgl. F. Cerafoli, II monumento di Paolo IV in den Studi e documenti di storia e
diritto a XV 1894.) Von Tommafo della Porta, der [ich unter feinen Zeitgenoffen
vor allem durch eine Reihe von zwölf prächtigen Imperatorenbüften einen Namen ge-
macht hat, fcheinen [ich andere authentifche Werke in Rom nicht erhalten zlk haben.
Um fo erfreulicher ift es, daß die Allegorien des Caraffa-Denkmals endlich wieder der
Vergeffenheit entriffen wurden, wenn fie uns auch von dem Können Tommafos keine
allzu hohe Meinung geben. Über die Lebensumftände diefes Mailänders, mit dem
fich auch Vafari und Baglioni in ihren della Porta-Biographien befchäftigt haben, er-
fahren wir Näheres durch die Dokumente, die Bertolotti im Archivio storico Lombardo
(Anno III fase. 2. Milano 1876) herausgegeben hat.

In S. Paolo fuori le mura ift die Reftauration des berühmten romanifchen Klofter-
hofes vollendet worden, den Petrus de Capua in den Jahren 1220—40 ausgeführt
 
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