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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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Gesellschaften und Vereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0173

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ENTDECKUNGEN UND FUNDE ° GESELLSCHAFTEN UND VEREINE

SCHWEIZ Die Schweizerifche Gefellfchaft
für Erhaltung hiftorifcher Kunftdenk-
mäler hat in ihrer erften Jahresfißung 1911 die
Verteilung des Aufnahmen- und Ausgrabungs-
kredites vorgenommen. Es wurde befchloffen,
die Schlöffer zu Leuk(Wallis) undLucens (Waadt)
und den Turm zu Saxon aufnehmen zu laffen
und Grabungen auf der Burg „LaBätiaz“ Mar-
tigny vorzunehmen. Die im Vorjahre gemachten
Aufnahmen der Schlöffer Tarafp, Thun, des alten
Bifchofsfißes zu Laufanne und der Faffaden-
polychromie in Graubünden wurden dem Gefell-
fchaftsardiiv einverleibt. Zur Behandlung kam
eine Reihe von Gefuchen um Bundesfubvention
bei Reftaurationen, fo für die Kirchen von Herz-
nach und Laufenburg, die intereffanten pro-
teftantifchen Genfer Kirchen La Madeleine und
La Fufterie, für den alten Tagfaßungsfaal in
Baden u. a. m. Es wurden Berichte verlefen
über aufgefundene und aufgenommene alte
Fresco-Malereien in der Kirche St. Peter in
Oberdorf (Bafel Land), über die Kollegialkirche
zu Bellinzona und San Biaccio in Ravecchia
(Teffin); ebenfo wurde berichtet über den, zu
20000 Fr. perfekt gewordenen, Kauf der Ruine
Roßberg, über Ausgrabungen bei Rupperswil
(Aargau) und über eine Kaufsofferte des Burg-
haufes Schweinsberg-Attinghaufen. — Die Ge-
neralverfammlung der Gefellfchaft foll 1911 in
der Oftfchweiz ftattfinden. J. C.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

EIN WIEDERGEFUNDENES GE-
MÄLDE VON LUKÄS CRÄNÄCH ?

So lautet der Titel eines längeren Feuilletons, durch
das Dr.HermannHieber-Dresden in derFr.Ztg.auf
eine Kreuztragung des Meifters hinweift, die fich
zurzeit in der Heil- und Pflegeanftalt auf dem
Sonnenftein ob Pirna befindet und der neuen
Forfchung völlig entgangen zu fein fcheint, denn
auch das ftaatliche Inventarifationswerk ift nach
Angabe des Verfaffers achtlos an diefem zweifel-
los eigenhändigen Altarbild vorübergegangen.
Die Altartafel dürfte aus Torgau ftammen und
in ihrer urfprünglichen Größe nicht mehr ganz
erhalten fein.

MÄRSEILLE In dem alten Taurentum,
dem Pompeji der Provence, ift von einem Privat-
mann, der feit Jahren dort Ausgrabungen be-
treibt, eine große und fchöne, römifche Villa mit
Mofaiken und Reften alter Wandmalereien bloß-
gelegt werden.

PÄRIS Die Kirche St. Medard aus dem 15.
und 16. Jahrhundert, die ganz in der rue Mouffe-
tard eingebaut ift, foll frei gelegt werden. Die

Kommiffion, die fich diefer Arbeit widmet, hat
in diefer Kirche eine Grablegung von Philippe
de Champaigne und eine Genovefa von Antoine
Watteau entdeckt.

GESELLSCHÄFTEN UND
VEREINE

BERLIN In der Dezemberfit^ung der BER-
LINER KUNSTHISTORISCHEN GESELLSCHAFT
hielt Direktor Friedländer einen Vortrag über
Lucas Cranach. Er betonte, daß fich die viel-
geftellte Frage nach dem felbftändigen Anteile
Cranachs an den zahllofen Arbeiten aus feiner
Werkftatt nicht beantworten ließe: die immer
wieder aus Teilen älterer Kompofitionen kom-
pilierten Bilder erfchweren die Löfung diefes
Problemes bis zur Unmöglichkeit. Sehr merk-
würdig ift, daß Cranachs frühft datiertes, zur
Zeit bekanntes Bild, die „Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten“ vom Jahre 1504, die Schöpfung
nicht eines Anfängers, fondern eines 32 jährigen
Mannes ift. Die Vorftellung von der Entwick-
lung des Meifters läßt fich durch die neueren
Studien hauptfächlich aus Holzfchnitten ufw. ge-
winnen, da Jugendbilder bisher nicht bekannt
geworden find. Die begründete Annahme, daß
Cranach fich in Öfterreich und Bayern in frühen
Jahren aufgehalten hat, erklärt den ftarken Ein-
fchlag Regensburgifchen Stilcharakters in feinen
erften Arbeiten, auch andere bayrifche Schulen
fowie die Kunft Grünewalds haben auf ihn ein-
gewirkt. Bezugnehmend auf die derzeitige
Cranachausftellung des kgl. Kupferftichkabinettes,
die eine Klärung des Entwicklungsganges be-
fonders berückfichtigt, wies der Vortragende auf
die Frage der Datierung jener beiden Hell-
dunkelholzfchnitte hin, welche das Drachenzeichen
und das Datum 1506 aufweifen. Es wäre wich-
tig wenn Flechfig mit der Umdatierung auf 1509
recht hätte, fonft müßte man Cranach als dem
Erfinder des Clairobscurfchnittes vor de Negker
den Vorrang laffen, der 1508 feine erfte der-
artige Arbeit erscheinen ließ.

Ferner befprach Profeffor Springer eine illu-
minierte Handfchrift, die das Berliner Kupfer-
ftichkabinett aus der Sammlung Hamilton er-
warb, den Roman des Gafparo Visconti
„Li due amanti Paolo e Daria“, der fieben gemalte
Umrahmungen befißt. Der Vortragende wies
diefe Arbeiten dem Criftoforo da Preda (oder
de Predis) zu, dem älteren Bruder desAmbrogio
Preda, und fieht in ihnen ein Spätwerk, das als
letztes in der Reihe der von ihm bekannten vier
Werke anzufeßen ift. — Geheimrat von Seidlilj,
der in feinem neuen Lionardowerk die Berliner
Handfchrift ein anonymes Werk lombardifcher

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