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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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8. Heft
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Vom Kunsthandel
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Kleine Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0355

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KLEINE NACHRICHTEN

Filiale eröffnet. Eine eigene Organifation er-
möglicht es diefer Firma, chinefifche Kunft meift
an Ort und Stelle und für die frühen Objekte
gelegentlich der Ausgrabungen felbft zu kaufen.
Nach dem Stand der Dinge darf die Firma Wan-
nieck als eine der erften Spezialfirmen für
chinefifche Antiquitäten und Kunftgegenftände
bezeichnet werden. Der Katalog reproduziert
eine Reihe von ganz frühen chinefifchen Terra-
kotten und Bronzen, fodann Lacke aus der
Epoche K’ang-hfi und hervorragende Porzellane
der Song-, Yuan-, Ming-Dynaftie und der
K’ang-hfi-Epoche u. a. m.

KLEINE NACHRICHTEN

BUDAPEST Wie uns von Budapeft ge-
meldet wird, ift die Kunftfammlung des ver-
dorbenen Hofrat Guftav von Gerhard zur
Verfteigerung in Berlin, in Rudolph Lepke’s
Kunft-Äukiions-Haus beftimmt worden. Die
Verhandlungen mit demUngarifchen Staat, zwecks
Übernahme der ganzen Sammlung, wobei als
Koftenpreis mehrere Millionen genannt wurden,
haben fich zerfchlagen. Herr von Gerhard
war ein leidenfchaftlicher Sammler, immer be-
dacht, feinen Befiß durch das Befte zu vervoll-
kommnen und weniger Gutes zu eliminieren.
Wer die Sammlung vor einigen Jahren gefehen
hat, und fie jeßt wieder durchftudiert, wird alles
vermiffen, was dem Kenner nicht einwandsfrei
erfchienen, denn der Verftorbene war nicht eitel
genug, feinem eigenen Urteil allein alle Kenner-
schaft zuzutrauen, fondern hörte, was bei Samm-
lern feiten der Fall ift, gerne die Anficht un-
intereffierter Kenner. Unter dem Porzellan und
den Miniaturen ift nun in den leßten Jahren
alles das herausgenommen worden, was der
Kritik nicht ftandhielt, fo daß fich jeßt jede
Gruppe charakteriftifdi und in Einzelwerken
vorzüglich repräfentiert. Seine Hauptliebe ge-
hörte dem Meißner Porzellan, was feit Pannwiß
wohl kaum fo umfangreich und in folchen
Meifterwerken zufammengeftellt worden ift.
Seine köftlichen Vitrinen waren gefüllt mit Mi-
niaturen und franzöfifchen Bijouts des 18. Jahr-
hunderts, darunter Koftbarkeiten franzöfifcher
Goldfchmiedekunft. Die III. Gruppe umfaßt die
Gemälde alter Meifter, etwa 130 Bilder der
Holländifchen Schule des 17. Jahrhunderts, einige
primitive, deutfche und franzöfifche des 18. Jahr-
hunderts. Vorausfichtlich ßndet die Verfteige-
rung im Laufe des November ftatt. Wir wer-
den feiner Zeit noch ausführlidi darauf zurück-
kommen.

LONDON Der Fall Duveen Brothers,
deren Hauptfiß fich ja in London befindet, wird
hier eifrig befprochen. Günftig ift die Sache für
Duveens nicht ausgegangen, und eine Erklärung,
die fie durch ihre Rechtsanwälte an die hiefigen
Blätter gefchickt haben, macht fie keineswegs
beffer. Tatfache ift, daß Duveen Brothers die
Staatenregierung um fich in die Hunderttaufende
von Dollars belaufende Summen von Zollgeldern
betrogen und dies nun auch felber vor Gericht
eingeftanden haben, daß fie eine hohe Summe,
faft U/4 Million Dollar als Schadenerfaß und
mehrere 1000 Dollar Geldftrafe gezahlt haben
und wohl nur dicht am Gefängnis vorbeige-
kommen find. Diefe Tatfachen können dadurch
nicht aus der Welt gefchafft werden, daß mit
großen Worten an den Ruf der Firma erinnert
wird; der ift nun eben erfchüttert. Und daß
der jeßt verftorbene, frühere Chef des Haufes
London eine Turnergalerie geftiftet hat, tut auch
nichts zur Sache; das beweift höchftens, daß das
Gefchäft nun in fehr andersartigen Händen fich
befindet, die, ftatt der Allgemeinheit, von der
fie viel empfangen, zu dienen, fie fkrupellos um
Riefenfummen hintergehen. Schönrednerei hilft
in folchen Fällen nicht. An der Firma wird es
fein, durch die Tat zu beweifen, daß fie noch
zu den zuverläffigen Kunftgefchäften gehört.

* *

*

Die Berliner Lanna-Auktion hat man hier
mit großem Intereffe verfolgt. Einige bedeutende
Gegenftände find ja auch von Londoner Händ-
lern erftanden worden. Es war faft das erfte
Mal, daß man auch in hiefigen Blättern Notiz
von einer deutfchen Auktion nahm; man be-
gnügt fich fonft mit den Londoner und Parifer
Auktionen; dann und wann dringt feit einiger
Zeit auch mal eine New Yorker Nachricht herüber.
Daß man fich mit diefer töricht engen Infularität
felber im Wege fteht, fcheint man nodi nicht zu
begreifen. Beneidet hat man Berlin wohl um
den Lannafchen Katalog der Lepkefdien Firma.
Da könnten fich Chrifties ein Mufter nehmen.
Wieder ift von einer Nachläffigkeit in einem
Katalog diefer Firma zu berichten, die erft im
vorigen Jahre wegen eines folchen Falles ge-
richtlich verurteilt worden war. Ein auch im
„Cicerone“ als „wahrfcheinlich 16. Jahrhundert“
bezeichneter Kopenhagener Rofenwafferkrug aus
der Sammlung des verftorbenen Mr. Jofeph Dixon
(H inches hoch) war von Meffrs. Crichton um
£ 820 gekauft worden. Diefer Krug war in
Chrifties Katalog als aus dem 18. Jahrhundert
ftammend bezeichnet, und der Sachverftändige
der Firma Chriftie hatte Crichton pofitiv ver-
fichert, daß das Stück das Kopenhagener Silber-

Der Cicerone, III. Jahrg., 8. Heft. 25

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