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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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15. Heft
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0644

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ENTDECKUNGEN UND FUNDE o PERSONALIEN

fealer Eingepferchtheit wieder in ihre richtige
(fakrale) Umgebung zu bringen. Augenblicklich
werden auch die Wände der Kirche im Zu-
fammenhang mit den Aufnahmen für den Kreis
Mainz des heffifchen Kunftdenkmälerwerkes ein-
gehend unterfucht. Dabei fanden fich eine un-
erwartete Fülle von Fresken aus gotifcher
Zeit. Vieles ift leider fo ftark zerftört, daß es
nicht zu erhalten ift, anderes wieder in ganz
vorzüglichem Zuftande geblieben. — Alle Wand-
malereien fteckten unter fpäteren Übertünchungen
oder Übermalungen. Im füdlichen Seitenfchiff
liegen an der Oftwand drei Malereien über-
einander; die jüngfte eine wertlofe Draperie aus
dem 16. oder 17. Jahrhundert. Darunter ein
mächtiges Fresko (ca. 7 m breit und 6 m hoch,
um ein Fenfter komponiert), links: Tod der Maria,
rechts: Martyrium der hl. Katharina; in der
Malweife flott und fidier, in den Farben von
feiner, harmonifcher Wirkung (Zeit ca. 1450).
Etwa aus gleicher Zeit ftammend, fand [ich hier-
bei an der Rückwand einer im 15. oder 16. Jahr-
hundert fchon zugemauerten Nifche, noch wohl-
erhalten und von leuchtender Farbenfrifche, ein
Martyrium der hl. Urfula (ca. 2 m breit und
1 m hoch), wovon umftehende Abbildung das Mit-
telftück zeigt. (Die photographifche Aufnahme ift
unmittelbar nach der Freilegung gemacht.) Unter
der Malerei von ca. 1450 und durch die Nifche
mit dem Urfulabild zum Teil zerftört, fand fich
als ältefte Malerei, die bald nach der Vollendung
der Kirche (1404) entftanden fein muß, nochmals
eine Darftellung des Martyriums der hl. Katha-
rina; hier hat fich nur die Konturvorzeichnung er-
halten, die Farben find gefchwunden; aber diefe
Vorzeichnung rührt von ficherer Hand her, die
es meifterhaft verbanden hat, die einzelnen
Szenen in den Raum zu komponieren. Als
Umrahmung ift hier ein (ebenfalls aufgemaltes)
gotifches Portal gewählt, deffen Giebel und Leibung
in Felder zerlegt ift, auf die die einzelnen Szenen
des Martyriums verteilt find. Am 5. Juli wurden
weitere Wandmalereien auf der Außenfeite der
Kirche entdeckt; wahrfcheinlich zierten diefe einft
die Wände des fchon feit dem 18. Jahrhundert
(bis auf die wenigen Mauerrefte mit den zuleßt
entdeckten Fresken) verfchwundenen Kreuzgangs.
Audi diefe Fresken, die fich unter der Tünche
noch faft alle fehr gul erhalten haben, ftammen
aus gotifcher Zeit (Anf. des 15. Jahrh.). Sie find
durch eine fchlichte Umrahmung in einzelne Felder
nebeneinander geordnet und je ca. 2x2 m groß.
Dargeftellt ift: 1. Herabkunft des hl. Geiftes.

2. Stiftung des Carmelitenordens durch Elias.

3. Eine hl. Sippe (diefes Bild ift am fchlechteften
erhalten; es muß aus einer andern Zeit als die
übrigen ftammen, vielleicht auch von einem an-

dern Meifter; jedenfalls weicht es im Malgrund
und in der Maltechnik von den andern Fresken
ftark ab). 4. Chrifti Himmelfahrt. Für das Stu-
dium der Maltechnik find diefe Fresken fehr
wertvoll, da hier überall unter den jeßt etwas
gefchwundenen Farben noch die Konturvorzeich-
nung ftärker hervortritt. Für die Gefchichte der
mittelrheinifchen Malerei im 15. Jahrh. — ins-
besondere für die Kenntnis der Malerfchule der
Carmeliter, auf die fchon Back, Mittelrheinifche
Kunft, zuerft hingewiefen hat, — bieten diefe
Fresken der Mainzer Carmeliterkirche eine Fülle
von neuem Material. Neeb.

SORRENTO Hier find kürzlich einige wert-
volle antike Statuen, die zum Teil recht gut
erhalten find, ausgegraben worden, fo eine
Diana zu Pferde, ein reitender Amor und eine
Gruppe von zwei Jünglingen, vielleicht Caftor
und Pollux. Gleichfalls fehr bemerkenswert
find zwei Marmorköpfe, von denen der eine
Kaifer Hadrian darftellen kann, der in Sorrento
ein Denkmal befaß, während der andere von
befonders fchöner Modellierung ein Jupiterkopf
zu fein fcheint.

PERSONALIEN

BERLIN Prof. Heinrich Wölfflin, der kürz-
lich als Nachfolger von Prof. Riehl einen Ruf
an die Univerfität München erhalten hatte,
konnte feinen Schülern jüngfthin mitteilen, daß
er nicht daran denke, Berlin zu verlaßen. Da-
mit find alle Kombinationen, die fich an eine
etwaige Überfiedclung Wölfflins nach München
und im Hinblick auf das Berliner Lehramt ge-
bildet haben, hinfällig.

* *

*

Als Nachfolger des verftorbenen Kekule von
Stradoniß hat der Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Georg
Loefchke, ordentlicher Profeffor der klaffifchen
Archäologie und Direktor des akademifchen
Kunftmufeums an der Univerfität Bonn einen
Ruf nach Berlin erhalten.

DRESDEN Hier ftarb kürzlich der Hiftorien-
maler Prof. f. M. Heinrich Hofmann, Mitglied
der Akademie der bildenden Künfte. DerKünftler
war in Darmftadt im Jahre 1824 geboren und
hatte vor allem bei Rauch und danach an der
Düffeldorfer Akademie unter Schadow und
Hildebrandt gelernt. Er kam 1863 nach Dres-
den, wo er bis zum Beginn der neunziger Jahre
als Profeffor an der Akademie wirkte. Die
Nationalgalerie befißt von ihm „Chriftus predigt

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