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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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23. Heft
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Voss, Hermann: Eine Grünewald-Fälschung des 17. Jahrhunderts: von Hermann Voss
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Wolf, Georg Jacob: Stauffers Waldlandschaft von 1879
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0968

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EINE GRÜNEWALD-FÄLSCHUNG DES 17. JAHRHUNDERTS

denklich. Grünewalds Name (und nur auf ihn kann das Monogramm gemünzt fein)
war auch damals, fogar vor Sandrart, angefehen genug, um einen Fälfcher auf den
Gedanken zu bringen, aus dem Ruhm des fo wenig konkret bekannten Afchaffen-
burgers Kapital zu fchlagen. Die Hypothefe bietet fich daher von felber, daß der

Verfertiger des Holzfchnittes eine italienifche Vorlage — um nicht überführt werden

zu können, wählte er nicht einen Stich, fondern eine Zeichnung — fich zum Zwecke
der Fälfchung nutzbar gemacht hat. Als Fälfchung mag fie ja nach unferen heutigen
Begriffen recht anfpruchslos fein: immerhin konnte fie bis ins 19. Jahrhundert für eine
originale Arbeit des Mathias Gerung gelten und noch von einem Kenner wie Schmid,

der ihre Entftehung in fpäterer Zeit richtig erkannte, für die freie Wiedergabe einer

altdeutfchen Vorlage gehalten werden.

STÄUFFERS WÄLDLÄNDSCHÄFT VON

1879 Mit einer Abbildung / Von GEORG JÄKOB WOLF

Die kritifche Beobachtung, daß in dem Frühwerk eines Künftlers die Charakterzüge
feines fpäteren Schaffens fchon leife anklingen, ift nicht feiten. Eine Wahrnehmung
diefer Art habe ich vor der einzigen vollendeten Landfchaft Stauffers, des genialen
Meifters von Bern, gemacht. Und zwar in weiterem und tieferem Sinn, denn Stauffer
hat in feiner fpäteren Lebensarbeit fich nur noch fehr gelegentlich und zufällig mit
landfchaftlichen Studien befaßt (eigentlich nur noch bei dem „Freytag im Garten“); das
gemalte und radierte Porträt, der geftochene und modellierte Akt wurden die Domi-
nanten feiner Kunft. Diefes Frühwerk alfo, die hier in Frage [tehende Landfchaft des
zweiundzwanzigjährigen Stauffer, gewinnt damit an Ifoliertheit und Intereffe, inwieweit
es zu der fpäteren Produktion Stauffers in Beziehung zu bringen fei.

Als Stauffer im Sommer 1879 einen Ausfchnitt aus dem grüngewölbten Buchenwald
mit dem goldighell aufleuchtenden Tümpel droben in Großheffelohe bei München malte,
war er noch Schüler der Diez uud Löfft} an der Münchner Akademie. Aber feltfam
das Braun der damals in München gewohnten Terra di Siena und der fchwärz-
liche Afphalt, der zu jener Zeit gleichfalls ftark im Gebrauch war, treten auf diefem
Bild nicht in die Erfcheinung. Es ift eine kecke Grünmalerei, eine Symphonie fozu-
fagen in allen Abfchattierungen von Grün. Der Eindruck ift daher dem gewiffer Jura-
Landfchaften Courbets ähnlich. Gleichwohl hatte Stauffer damals noch keinen Courbet
ftudiert, dagegen viele Rottmann, Schleich, Lier und andere feft in der Münchner Tra-
dition ftehende Landfehafter gefehen. Was er fchuf, war alfo ein reines Erlebnis des
Auges, zu dem, einer fernen Stimme gleich, eine Erinnerung trat, von der Wilhelm
Schäfer in feinem neuen Stauffer-Buch erzählt. Es war da nämlich ein fpäter fchwer-
mütig gewordener Akademiker namens Kifpert, der den Problemen der Malerei grüb-
lerifcher, theoretifcher nachging als die fchmiffigen Diezfchüler. Kifpert alfo fetzte einmal
Stauffer und anderen Genoffen, als fie mitfammen das grüne Ifartal hinaufmarfchierten,
ernfthaft mit Worten zu: wie traurig es doch um das Naturftudium auf Akademien
beftellt fei, ob denn etwa die Natur die jämmerliche Speckfarbe der meiften Münchner
Landfehafter habe, ob einer der Akademielehrer fchon bei der Natur felbft in die Lehre

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