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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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16. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0682

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DENKMALPFLEGE o ENTDECKUNGEN UND FUNDE

gehende Zerftörung alter nationaler Denkmale
[eitens der momentanen Beßrer derfelben un-
möglich zu machen. F.

MÄILÄND Eines der älteften und architek-
tonifch intereffanteften Schlöffer der Lombardei
ift einer Feuersbrunft zum Opfer gefallen, das
„Castello die Sant’Ängelo Lodigiano“. Die erften
Grundmauern des Schloffes ftammen aus dem
10. Jahrhundert, und in den Kriegen, welche im
Mittelalter die Lombardei zerfleifchten, hielt es
wiederholt den Angriffen der Mailänder, die
fich feiner als eines Bollwerkes der Stadt Lodi
bemächtigen wollten, erfolgreich ftand. Endlich
kam es aber doch in den Befiß der Mailänder
und zwar in die Hände des Erzbifchofs Giovanni
Visconti. Deffen Neffe, der berüchtigte Bernabö,
fchenkte es feiner Gemahlin Regina della Scala,
die es im Jahre 1382 wieder herftellen und den
mächtigen Turm errichten ließ, der jeßt noch
aus den rauchenden Trümmern unverfehrt her-
vorragt. Damals wurden die romanifchen Bögen
durch Spißbögen erfeßt, die von eleganten
Terrakottaornamenten eingefaßt wurden. Leider
ift auch das Archiv, in welchem fich Dokumente
vom 12. Jahrhundert angefangen befanden und
das unter anderm bemerkenswerte Denkwürdig-
keiten aus der Zeit des Riforgimento enthielt,
gänzlich zugrunde gegangen. e. t.

NEÄPEL Der Stadtrat bewilligte für die
Herftellungsarbeiten an der Kirche San Lorenzo
Maggiore, die aus der erften Hälfte des 14. Jahr-
hunderts ftammt, 400000 Lire.

ROM Der Leiter der Ausgrabungen am Forum
und Palatin Giacomo Boni hat die Abficht auf
dem Palatin die antike Flora wieder aufleben
zu laffen, wie fie z. B. das Fresko in der Villa
derLivia in Primaporta zeigt. Die nichtklaffifche
Vegetation (z. B. Eucalyptus) foll befeitigt und
nur die klaffifche angepflanzt werden. L. P.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

FLORENZ In der hiefigen Kirche Santa
Croce wurde diefer Tage ein Bruchftück eines
bisher unbekannten Wandgemäldes von Andrea
Orcagna entdeckt, nachdem ein Bild vom Altäre
„Dei Pazzi“, der fich zwifchen dem Machiavelli-
Denkmal und der Verkündigung Donatellos be-
findet, weggerückt worden war. Das Bruchftück
gehört der äußerften Linken des „Triumph des
Todes“ an. Man fieht, wieSchlöffer und Türme

durch die Wirkung eines fchrecklichen Erd-
bebens zufammenftürzen und Menfchen teils
unter den Trümmern begraben werden, teils
aus den Gebäuden entfliehen, die fchon große
Sprünge zeigen. Weiter unten hat eine Gruppe
von Bettelleuten Plaß gefunden. Ein Blinder
ftreckt dem Tode die Hand entgegen, als würde
er das leßte Almofen begehren. Ein Greis fieht
dem Triumphator halb überrafcht, halb erfchreckt
entgegen, und der zahnlofe Mund fcheint den
Atem anzuhalten. Ein weiblicher Krüppel ftüßt
fich mit beiden Händen auf eine Krücke, und
die Mienen eines Lahmen zeigen Furcht und
Schmerz. Vor diefer Gruppe liegt ein Haufen
Leichen, unter denen fich die eines Kardinals
an dem roten Hute erkennen läßt. Es handelt
fich um ein Wandgemälde, das Orcagna um die
Mitte des 14. Jahrhunderts gemalt hat und das
von Vafari wunderbar befchrieben wurde, war
doch diefer felbft von Cofimo I. beauftragt
worden, jene Kapellen zu errichten, die das
Wandgemälde verbargen. Im Campo Santo
von Pifa ift bekanntlich dasfelbe Thema be-
handelt worden, und nach der jetzigen Ent-
deckung darf wohl angenommen werden, daß
diefes Werk aus einer fpäteren Zeit herrührt
als das Wandgemälde in Santa Groce. e. t.

ROM Auf dem Terrain der Villa Wollonski
fand man in der Nähe der Via Principe Eugenio
einen prächtigen großen Mofaikfußboden, deffen
Zentrum ein farbiges Medufenhaupt bildet. Man
datiert das Mofaik in die Zeit der Antonine.

* *

*

In Brindifi ift man bei Eifenbahnarbeiten
auf große unterirdifche Anlagen geftoßen. Bis-
her ift es unklar, ob es fich nicht um natürliche
Grotten oder um eine antike Nekropolis handelt.

L. P.

WIEN Bei der kürzlich begonnenen Reftau-
rierung der Ruprechtskirche, der älteften
Kirche Wiens, hat man unter dem äußeren
Verpuß an der Südfeite ein relativ gut er-
haltenes Freskogemälde entdeckt, das nach den
Tageszeitungen aus dem „16. oder 17. Jahr-
hundert“ ftammen foll. Die k. k. Zentralkom-
miffion zur Erforfchung und Erhaltung der Kunft-
und hiftorifchen Denkmäler wird die weiteren
Arbeiten zur völligen Bloßlegung des Freskos
leiten, die auch über die Entftehungszeit des-
felben Klarheit bringen dürften.

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