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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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18. Heft
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Balet, Leo: Die Heiligenkreuztaler Wappenscheiben des Meisters von Messkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0741

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DIE HEILIGKREUZTÄLER WÄPPENSCHEI-
BEN DES MEISTERS VON MESSKIRCH

Mit 6 Abbildungen auf 2 Tafeln Von LEO BÄLET

Zum Ällerbeften, das Württemberg im Laufe der Jahrhunderte auf dem Gebiete
der Glasmalerei hervorgebracht hat, gehören zweifellos die fechs Verglafungen
(81X46 cm) aus dem ehemaligen Zifterzienferinnenklofter Heiligkreuztal (Oberamt
Riedlingen), die 1870 von der Stuttgarter Finanzverwaltung der Staatsfammlung vater-
ländifcher Altertümer übergeben wurden1 und die, durch Hofglasmaler Wilhelm reftau-
riert, je^t eine Zierde des Mufeums find.

Das eine der fechs Fenfter trägt die Jahreszahl 1532. Die Infchrift in der Klofter-
kirche, Äbtiffin Veronika von Riethain habe 1532 das Gewölbe bauen laffen, be-
rechtigt zu dem Schluß, daß diefer Neubau die Veranlaffung zu diefen Verglafungen
geworden ift. Diefe Annahme fcheint umfomehr berechtigt, als wir wiffen, daß im
felben Jahre die kleinen romanifchen Fenfter durch große gotifche erfetjt wurden.
Urkundlich war über diefe Fenfterftiftung nichts zu finden, als was Anton Birlinger
bereits mitgeteilt hat.2 Als die Äbtiffin Veronika nach 31 jähriger Regierung geftorben
war, fand im Jahre 1553 unter ihrer Nachfolgerin Elifabeth Lutwin eine Abkurung der
Abtei ftatt. U. a. vermelden die Ausgaben: „312 U an dem Neuen Hauß und anders-
wo verglafet“. Vielleicht bringt uns der in Ausficht geftellte zweite Band von
A. Haubers Urkundenbuch des Klofters Heiligkreuztal (Württemberg. Gefchichtsguellen,
Bd. 9, 1910) diesbezüglich manches Neue.

Eine kurze Befchreibung diefer fechs Fenfter fei einigen technifchen, ftilkritifchen
und kunfthiftorifchen Betrachtungen vorausgefchickt.

1. Wappenfenfter des Zifterzienferordens: ein doppelreihiger, rot und filber
gefchachter, gebogener Schrägbalken in Schwarz, das durch ausradiertes Giltermufter
ebenfo belebt wird, wie die Würfel des Balkens durch vier fymmetrifche, um einen
Mittelpunkt fich gruppierende Ranken. Diefes Wappen führten die deutfchen Zifter-
zienfer als das vermeintliche ihres Stifters, das von Jongelin fo befchrieben wird:
„S. Bernardus portait de sable ä la bande escheguitte d’argent et de gueules“.3 Auf
faftig grünem Rafen ruhend, wird das Wappen von einem in dreiviertel Profil nach
links ftehenden Engel gehalten, angetan mit weißer Albe mit gelben Auffchlägen
gelbem, gezaddelten Kragen und weißem Humerale. Über der Bruft eine gekreuzte
violette Stola, im goldblonden Haar ein Schmuckband. Die grünen Flügel find ßug-
bereit. Der Hintergrund ift dunkelblau damasziert, die goldene Architekturumrahmung
— Rahmenfäulchen mit Kielbogen und Überfchneidungen mit Krabben befefet —
fpätgotifch.

2. Wappenf enfter eines Grafen von Werdenberg. Die Kloftervogtei war näm-
lich mit der Graffchaft Sigmaringen, welche die Grafen von Werdenberg damals befaßen,
verbunden.4 5 Das Wappen ift guadriert: 1. und 4. (Stammwappen) eine filberne Kirchen-
fahne in Rot; 2. und 3. (Wappen von Heiligenberg) ein fchwarzer Zickzackfchrägbalken
in Silber. ’ Als Prachtftück ein in dreiviertel Profil nach links gekehrter Engel in weißem

1 Inventar I, Nr. 1098 a-f.

2 Änton Birlinger, Württembergifdie Vierteljahrshefte für Landesgefchidite, Jahrg. I, Stuttgart,
1878, S. 120.

3 Siebmachers Wappenbuch, Bd. 1, Äbt. 5, Reihe II. Nürnberg 1882, S. 113.

4 Der Deutfche Herold, Jahrg. 25, Berlin 1894, S. 52, wo die Wappenfenfter 1, 2, 5 und 6 ab-
gebildet find.

5 0. v. Älberti: Württembergifches Ädels- und Wappenbuch, Bd. I, Stuttgart 1889—98, S. 291.

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