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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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19. Heft
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Voss, Hermann: Ein Konzertbild der florentiner Porträtausstellung und sein Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0781

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EIN KONZERTBILD DER FLORENTI-
NER PORTRÄTÄUSSTELLUNG UND SEIN

MEISTER Mit drei Abbildungen / Von HERMANN VOSS

Von den fünf Caravaggio zugefchriebenen Bildern, die auf der Mostra del Ritratto
italiano in Florenz zu fehen waren, konnte der Katalog nur eines, die herrliche
Lautenfpielerin der Liechtenfteingalerie, ohne Fragezeichen paffieren laffen. Unter den
übrigen verdient das Gruppenbild dreier Mufiker, das von Prof. Mariano Rocchi in
Rom hergeliehen war, ein befonderes Intereffe und lohnt die Nachforfchung nach
feinem Meifter. Der Gedanke an Caravaggio als Urheber muß in der Tat von vorn-
herein fallen gelaffen werden. Wir haben es mit einem ausgeprägt individuellen Stil
zu tun, der an den des großen Lombarden kaum von fern erinnert und in Malweife,
Typifierung und Zeichnung durchaus abweichende Prinzipien verrät.

Der Eindruck ift eher, als ob ein von Guercino beeinflußter Emilianer, vorzugs-
weife ein Modenefe oder Ferrarefe, der Autor fein könnte. Diefer durch den Stil
nahegelegte Gedanke wird nun näher begründet durch die Infchriften, die man auf dem
auf dem Tifch vorn liegenden Notenbuche lefen kann:

„Concerti p(er) il lauto del P. Geronimo Valeriani lautinista del Duca di Modone“
und

„Concerti per la tiorba“.

Es ift darnach kaum ein Zweifel möglich: das Bildnis, deffen Hauptfigur den ge-
nannten herzoglich modenefifchen Lauteniften darftellen dürfte, wurde in Modena ge-
malt und wird alfo das Werk eines dort anfäffigen Meifters fein. Die Auswahl ift,
da es fich den Trachten und dem künftlerifchen Stil nach um die erfte Hälfte des
17. Jahrhunderts handelt, fehr gering. Der überragende Künftler Modenas war in jener
Periode Lodovico Lana, ein felbftändiger Nachfolger des Guercino im Kolorit und
in der malerifchen Fleckenverteilung. In der Gefchichte der Malerei heute kaum ge-
nannt (einzig fein Hauptbild, die Befreiung Modenas von der Peft in der Chiesa del
Voto, erhielt ihm feinen Ruhm), lebt fein Name in der Gefchichte der Graphik, wo
ihm mehrere im Stile der Renifchule ausgeführte Radierungen zu dauernder Beachtung
verhalfen. Wir bilden zwei diefer Blätter, den Tod des Seneca und eine heil. Familie,
ab; in Kompofition, Trachten, Gewandungen, Typen verleugnet fich troß der renesken
Technik nicht der Einfluß Guercinos. Von folchen Radierungen aus ift es naturgemäß
fchwer, die Brücke zu unferem Porträtftück zu fchlagen: immerhin bemerken wir in
den Köpfen der drei Mufizierenden manche der typifchen Züge der radierten Blätter:
den auffallend breiten Nafenrücken, die ßach gebildeten, weichlichen Finger (cfr. die
Hand des Seneka büßenden Alten und jene des Flötenfpielers), die fchmalen und
kurzen Lippen.

Wir müßten uns troß folcher Übereinftimmungen und troß der
Notwendigkeit, den Meifter des Bildes unter den wenigen Mode-
nefen zu fuchen, mit einer vagen Vermutung begnügen, wenn nicht
eine am oberen Ende der Baßlaute angebrachte, etwas fchwer er-
kennbare Signatur uns zu Hilfe käme. Wir finden nämlich an der
bezeichneten Stelle die ineinander gezogenen Buchftaben:
die wir unzweifelhaft als das Monogramm Lodovico Lanas anzufehen haben, da alle
Buchftaben feines vollen Namens — und nur diefe — in geiftreicher Verfchlingung
darin enthalten find.

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