Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0570
DOI Heft:
14. Heft
DOI Artikel:Krüger, H. Carl: Ludwigsburger Porzellan
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LUDWIGSBURGER PORZELLÄN
Mit 16 Abbildungen Von H. CARL KRÜGER
Von der gefamten kunftwiffenfchaftlichen Produktion entfällt ein verhältnismäßig
großer Teil auf die Keramik, fpeziell auf das Porzellan und feine Gefchichte, und
doch ift diefe gerade literarifch kaum älter als vier Generationen, nicht älter als die
wiedererwachte Wertfchäßung des Porzellans überhaupt. Galt diefes bis etwa zum
Ausgang des 18. Jahrhunderts als ein Leckerbiffen raffinierten Kunftgenuffes, fo ging
um die Jahrhundertwende mit den fozialen Umwälzungen und Kriegsnöten diefe Wert-
fchätjung fchnell verloren und befonders hatten die folgenden Generationen kein Ver-
ftändnis mehr für die Zeugen heiteren Lebensgenuffes; die Liebespaare und Schäfe-
rinnen, die vornehme Welt und die Komödianten paßten nicht mehr in die harte Zeit
fchwerer Dafeinskämpfe! Erft mit der nationalen Wiedergeburt, dem fteigenden Wohl-
ftand und dem wieder wachfenden Verftändnis für die Kultur der Vorfahren befann
man fich auf eins der wichtigften und ficherlich eigenartigften künftlerifchen Erzeugniffe
des 18. Jahrhunderts. Und doch weigerte fich felbft noch ein Effenwein, wenn ich
recht unterrichtet bin, die Porzellanplaftik als wertvolle künftlerifche Produktion anzu-
erkennen, als ihm der verftorbene Freiherr v. Lanna jährlich eine Summe zur Ver-
fügung ftellte mit der Bedingung, fie nur für Porzellan auszugeben! Merkwürdig auch,
daß gerade diefer höfifchen Kunft im 18. Jahrhundert kein Vafari entftand, der ihr ein
literarifches Denkmal gefeßt hätte. — Die leßten beiden Jahrzehnte nun haben nach-
zuholen verfucht, was fo lange arg vernachläffigt war: von den Arbeiten über Keramik
überhaupt ift man zur Gefchichte des Porzellans und dann zu Spezialforfchungen über-
gegangen, — und das ift’s, was uns not tut! Bereits befißen wir über eine Anzahl
Äbb. 1. Puftelli (Nr. 33)
Der Cicerone, III. Jahrg., 14. Heft. 41
Äbb. 2. Puftelli (Nr. 35)
Äbb. 3. Lejeune (Nr. 235)
533
Mit 16 Abbildungen Von H. CARL KRÜGER
Von der gefamten kunftwiffenfchaftlichen Produktion entfällt ein verhältnismäßig
großer Teil auf die Keramik, fpeziell auf das Porzellan und feine Gefchichte, und
doch ift diefe gerade literarifch kaum älter als vier Generationen, nicht älter als die
wiedererwachte Wertfchäßung des Porzellans überhaupt. Galt diefes bis etwa zum
Ausgang des 18. Jahrhunderts als ein Leckerbiffen raffinierten Kunftgenuffes, fo ging
um die Jahrhundertwende mit den fozialen Umwälzungen und Kriegsnöten diefe Wert-
fchätjung fchnell verloren und befonders hatten die folgenden Generationen kein Ver-
ftändnis mehr für die Zeugen heiteren Lebensgenuffes; die Liebespaare und Schäfe-
rinnen, die vornehme Welt und die Komödianten paßten nicht mehr in die harte Zeit
fchwerer Dafeinskämpfe! Erft mit der nationalen Wiedergeburt, dem fteigenden Wohl-
ftand und dem wieder wachfenden Verftändnis für die Kultur der Vorfahren befann
man fich auf eins der wichtigften und ficherlich eigenartigften künftlerifchen Erzeugniffe
des 18. Jahrhunderts. Und doch weigerte fich felbft noch ein Effenwein, wenn ich
recht unterrichtet bin, die Porzellanplaftik als wertvolle künftlerifche Produktion anzu-
erkennen, als ihm der verftorbene Freiherr v. Lanna jährlich eine Summe zur Ver-
fügung ftellte mit der Bedingung, fie nur für Porzellan auszugeben! Merkwürdig auch,
daß gerade diefer höfifchen Kunft im 18. Jahrhundert kein Vafari entftand, der ihr ein
literarifches Denkmal gefeßt hätte. — Die leßten beiden Jahrzehnte nun haben nach-
zuholen verfucht, was fo lange arg vernachläffigt war: von den Arbeiten über Keramik
überhaupt ift man zur Gefchichte des Porzellans und dann zu Spezialforfchungen über-
gegangen, — und das ift’s, was uns not tut! Bereits befißen wir über eine Anzahl
Äbb. 1. Puftelli (Nr. 33)
Der Cicerone, III. Jahrg., 14. Heft. 41
Äbb. 2. Puftelli (Nr. 35)
Äbb. 3. Lejeune (Nr. 235)
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