Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (3.1911)

DER KUNSTMÄRKT — von den Auktionen

DIE HUTHÄUKTION

Von der von zwei Perfönlichkeiten, Vater und
Sohn, in langen Jahren zufammengetragenen,
mit Liebe, Eifer, Umficht und Kennerfchaft be-
hüteten und ftets vermehrten Huthbibliothek war
hier fchon vor einiger Zeit des näheren die Rede,
als nämlich Meffrs. Sotheby den Verkauf eines
erften Teiles der Riefenfammlung ankündigten.
Vom 15.—23. November hat nun diefe Auktion
ftattgefunden und, wie zu erwarten ftand, ganz
bedeutende Refultate gebracht. Wiewohl die
Huths keineswegs nur um billiges Geld, was fich
gerade fo am Wege fand, angekauft, vielmehr
die höchften Preife ihrer Zeit für oft aus be-
kannten Sammlungen ftammende Werke gezahlt
hatten, in einem Falle z. B., dem der fogen. Ma-
zarinbibel im Jahre 1874 über £ 2700, ift der
erzielte Gewinn doch ein fehr großer und in
vielen Einzelfällen ein ganz außerordentlicher.
Äm erften Tage z. B. brachten 30 Werke, die
den Huths noch nicht £ 600 gekoftet hatten,
gegen £ 3600; am zweiten Tage die gleiche
Anzahl von Werken ftatt £ 1200 urfprünglicher
Koften volle £ 8200 ufw. So kann man denn
aus diefer Auktion das Steigen der Preife gegen
früher aufs befte erkennen, und darum dürfte ein
in der Vorbereitung befindlicher Katalog, der die
fämtlichen Werke nebft erzieltem Preis, Käufer
und früherem Preis enthalten foll, und den Meffrs.
Sotheby veröffentlichen werden, für alle Bücher-
und Manufkriptfammler von höchftem Wert fein.
Aus allen Gegenden, auch aus Deutfchland
(u. a. Herr Baer aus Frankfurt) hatten fich Lieb-

haber und Händler eingefunden, und es hieß,
daß die Londoner Händler, vor allem Mr. Qua-
ritch natürlich, zahlreiche Aufträge aus Amerika
erhalten hätten, wohin denn auch ficher viele,
wenn nicht die allermeiften Schäle wandern
werden. Die Angekommenen wurden dadurch
ziemlich ftark enttäufcht, daß fofort bekannt ge-
macht wurde, daß die Shakefpeareana, dar-
unter erfte Folios und Quartos, fchon privatim
verkauft worden feien. Man riet erft auf Pier-
pont Morgan als Käufer, dann aber ftellte es
[ich heraus, daß Mr. Alex. Smith Cochran, ein
Amerikaner, die Hauptftücke diefes Teiles der
Sammlung, nämlich die erften vier Folios und
38 Quartos, gekauft und fie dem Elifabethan-
Club feiner Univerfität, der Yale University, als
Gefchenk überwiefen habe. Der Preis, fo heißt
es, foll gegen £ 40000 betragen haben. Das
Gefamtergebnis des nur die Buchftaben Ä u. B.
umfaffenden Teiles der Bibliothek, der diesmal
allein zum Verkauf gelangte — bis die ganze
Bibliothek abgefeimt fein wird, werden Jahre
vergehen — beziffert fich auf £ 50821.1.6, mit
der für die Shakefpeareana erzielten Summe
alfo faft £ 100000 oder zwei Millionen Mark.
Den höchften Preis in der öffentlichen Auktion
trug die fchon erwähnte Gutenbergbibel davon;
fie koftete nicht weniger als £ 5800.

Hier feien nun die wichtigften Einzelpoften
[Werk lefp. Autor; Ankaufspreis (mit Jahr in
Klammer); Auktionspreis (und Käufer)] dem
Alphabet und den Katalognummern nach an-
geführt:

Titel des Werkes und
Name des Autors

Ankaufs-

preis

(Jahr)

Äuktions-

preis

(Käufer)

Bemerkungen

1. Henry Auftin: The Scourge of Ve-
nus or The Wanton Lady. 1613
(erfte Edition)

-

£ 60
(Quaritch)

Von diefer Edition ift kein weiteres
Exemplar bekannt

2. A. (J.) Breeden-raedt aende ver-
eenichdeNederlandscheProvintien.1649

£ 21.0.0

£ 47
(Quaritch)

gutes Exemplar; feiten

13. Abelard. Lettresd’Äbailardetd’He-
lo'ise, 2 Bände. 1782, auf Vellum

10 gs
(1863)

£ 341/2

(Maggs)

in fchönem Einband; Renouards
Exemplar

18. Abus de Mariage. 1641

12 gs

£ 35

(Quaritch)

mit 50 Stichen, je 2 auf einer Seite
und einem vollfeitigen Stich von Cris-
pin de Paffe. Außerordentlich feiten

19. Academy of Complements (The).
1640

£ 3.13.6

£ 26>/2
(Quaritch)

Einziges bekanntes Exemplar diefer
Ausgabe in tadellofem Zuftande

24. Actors’ Remonstrances. 1643

£ 3.5.0
(1867)

£ 20
(Eß-ex)

Nur ein zweites Exemplar noch be-
kannt

29. Adamfon (John): The Muses Wel-
come. 1618

£ 18

£ 33V2

(Leighton)

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