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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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18. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0761

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DENKMALPFLEGE o ENTDECKUNGEN UND FUNDE

DENKMALPFLEGE

INNSBRUCK Zeitungsmeldungen zufolge
wurde hier kürzlich das hiftorifch intereffante
Schloß Weyerburg, das namentlich in der
Burgkapelle wertvolle Kunftfchäße enthält, zur
öffentlichen Verweigerung gebracht. Die Stadt
Innsbruck hat nun das Schloß mit dem ge-
faulten koftbaren Inventar um den Preis von
250000 Kronen angekauft.

LEIPZIG Es verlautet, daß die alte hifto-
rifche Stätte des Leipziger Meßhandels, Huer-
bachs Hof, binnen kurzem einem modernen
Neubau Plaß machen foll und daß fomit auch
die durch die Fauftfage bekannte Weinftube,
Huerbachs Keller, für immer verfchwinden wird.
Beftätigt fich diefe Meldung, fo ftellt Leipzig
damit weder feinem kulturhiftorifchen Gefühl,
noch feiner fo gern in Worten gepriefenen Ver-
ehrung Goethes ein günftiges Zeugnis aus. Es
fei bei diefer Gelegenheit darauf aufmerkfam
gemacht, daß die hiftorifchen Zufammenhänge
zwifdien Huerbachs Keller und der Fauftfage
fchon durch das erfte Volksbuch vom Doktor
Fauft wenigftens andeutungsweife gegeben find,
daß überdies der Keller in den leider faft völlig
verdunkelten Gemälden des 17. Jahrhunderts
neben den Goethe-Reliquien kulturgefchichtliche
Dokumente befißt, die für Goethe einft Hnreger
wurden und nur an Ort und Stelle voll genoffen
werden können.

LIVORNO Die künftlerifch wertvollen Hltäre
in der alten Feftung von Livorno, die an die
Erhebung Livornos zur Stadt erinnern, füllten
in diefen Tagen laut Vertrag an die Kirche San
Jacopo verkauft werden. Diefen Verkauf hat
der Minifter Credaro ln letzter Stunde inhibiert,
und zugleich angeordnet, daß die alte Feftung
mit ihren Erinnerungen an die Hochzeit der
Chriftine von Lothringen, an den Hdmiral Nelfon
und an die Gefangenfchaft des Patrioten und
Dichters Francesco Domenico Guerrazzi unver-
ändert erhalten bleiben foll. W. B.

ROM Die von Goethe und Lord Byron be-
fungene Villa Mattei auf dem Palatin foll mit
ihren vielhundertjährigen Cypreffen binnen kur-
zem vom Erdboden verfchwinden und wahr-
fcheinlich der wiffenfdiaftlichen, archäologifdien
Forfchung zum Zweck der Husgrabungen ge-
opfert werden.

□ □ □

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

ÄNCONÄ Nach einer Meldung der „F. Z.u
hat der bekannte Hrchäologe Prof. Dall’Offo in
der Nähe der Kirche S. Martino in Grottamare
die Überrefte des berühmten Nationalheiligtums
der Picener entdeckt, das der Dea Cupra, einer
Hrt Erd- und Totengöttin, geweiht war. Einer
Hngabe Strabons folgend, fuchte man den Tempel
bisher bei dem Flecken Cupra Marittima, in-
deffen wird durch die neuen Funde die Lage
der uralten Kultftätte endgültig feftgelegt.

MÄGDEBURG Im benachbarten Dorf Bade-
leben (Kreis Neuhaldensleben) wurden bei Hus-
befferungsarbeiten in der Ofthälfte der Dorfkirche
Refte von Wafferfarbenmalereien aufgedeckt.
Hußer den doppelt lebensgroßen Figuren einer
thronenden Maria und eines heiligen Bifchofs,
den fpärlichen Fragmenten einer Kreuzigung und
einer Geißelung (in lebensgroßen Halbßguren)
kam eine Gruppe aus einem Totentanz zutage.
Eine Dame in englifcher Haube, mit der Linken
den Faltenrock zierlich raffend, der ein, bis auf
den Knochenarm heute verlöfchter, Tod die Hand
auf die rechte Schulter legt. Die zum Teil beffer
erhaltenen, [ich an der Südwand der Kirche hin-
ziehenden Spruchbänder weifen darauf hin, daß
die Bildfolge ein beträchtliches Stück der Längs-
wand einnahm. Die ziemlich mäßigen Malereien
(nurKonturen; blau, rot, gelb) bringen das erfte
Beifpiel eines Totentanzes im altmagdeburgifchen
Kunftbezirk. Sie find auch das einzige hiefige
Beifpiel für gotifdie Wandmalereien in einer
Dorfkirche. Zeit: letztes Drittel des 15. Jahr-
hunderts. Für die großen Heiligenfiguren dürften
Holzfchnittvorbilder benutzt fein. G. D.

SPELLO In einer Kapelle des 15. Jahrhun-
derts, die jeßt als Kaufladen dient, entdeckte
der Infpektor der Kunftdenkmäler Umbriens,
Conte Dr. Umberto Gnoli, nach Demolierung
eines Bogens vier Halbfiguren von flpofteln in
gutem- Erhaltungszuftande und Fragmente an-
derer Hpoftel. Von diefen in Vierpäffen ein-
gefchloffenen Figuren fchreibt Gnoli laut brief-
licher Mitteillung zwei als fichere Werke dem
Hlunno zu, während zwei andere von einem
Gehilfen Hlunnos, vielleicht feinem Schwager
Pietro Mazzaforte, der zur Zeit der Hus-
führung diefer Malereien, 1461, mit ihm zu-
fammen arbeitete, herrühren follen.

In derfelben Kapelle fand Gnoli eine Madonna
mit dem Kinde, vielleicht zwifchen den Jahren
1460 und 1480 von einem Künftler aus den
Marken gefchaffen. W.B.

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