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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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PERSONALIEN ° VERMISCHTES

PERSONALIEN

WALENTIN ÄLEXÄNDROWITSCH
SJEROW *f" (1865—1911). An einem Herz-
fchlag verfchied am 5. Dezember in Moskau im
beften Mannesalter der Maler Wal ent in Sjer ow,
einer der bedeutenden Meifter der modernen
Kunft Rußlands und eine der markanteren Fi-
guren des ruffifchen Kunftlebens.

Sjerow, geb. 1865 in St. Petersburg, entftammt
einer Mufikerfamilie. Sein Vater, der Opern-
komponift Alexander S., war einer der erften
Wagnerianer in Rußland, [eine Mutter betätigt
[ich bis jet^t noch mufikalifch und hat eine Oper
„Utiel Acofta“ verfaßt. Den erften Kunftunter-
richt genoß der ganz junge S. in München beim
Graphiker Köpping, fpäter arbeitete er in
Paris unter der Leitung von Rjepin und be-
endigte feine künftlerifche Ausbildung alsdann
in der Petersburger Akademie, fowie wiederum
in München. Schon feine frühen Arbeiten, fo
daß in der Tretjakow-Galerie befindliche „Mäd-
chen im Grünen“ (1888) und das „Porträt des
Fräulein Mamontow“, offenbarten fein ftarkes
Talent als Bildnismaler, und in diefer Richtung
gewann Sjerow immer mehr Bedeutung und
Ruhm. Er hinterläßt eine ganze Bildnisgalerie
bekannter Perfönlichkeiten aus der ruffifchen
Kunftwelt und Gefellfchaft der lebten 25 Jahre.
Weniger zahlreich find feine Landfchaften, die
[ich jedoch ftets durch ein intimes und intenfives
Naturgefühl auszeichnen. Einige intereffante
hiftorifche Szenen, wenige Radierungen und
Lithographien, fowie mehrere rein dekorative
Malereien, z. B. Dekorationen zur Oper feines
Vaters „Judith“, ein Theatervorhang für die
ruffifchen Balletvorftellungen in Paris, vervoll-
ftändigen das Lebenswerk des verdorbenen
Künftlers, der auch öfters mit Auszeichnung auf
außerruffifchen Ausheilungen figurierte, fo in der
Münchener Sezeffion, im Parifer Champs de
Mars, letzthin auf der Internationalen in Rom.

Sjerow gehörte keiner beftimmten Schule an,
doch war er im beften Sinne des Worts ein
moderner Meifter, der dem Pulsfchlag feiner
Zeit nie fremd gegenüberftand. An dem feiner-
zeit von S. Djagilew gegründeten Kreis des
„Mir Inkuftwa“, welcher in Gemeinfchaft mit der
gleichnamigen Zeitfchrift eine fo einfehneidende
Rolle in der Gefchichte der neueften ruffifchen
Kunft gefpielt hat, nahm S. regen Anteil, und
er befaß hier eine führende Stellung. Letztere
bafierte weniger auf etwa neuen, malerifchen
oder fchöpferifchen Werten der sjerowfchen
Werke — in diefer Beziehung wirkten Korowin
undWruhel viel befruchtendes auf die jüngfte,
ruffifche Malergeneration —, als auf dem über-

zeugenden Ernft, der tiefen Aufrichtigkeit feiner
ganzen Kunft, aus welcher ftets ein nicht ge-
wöhnlicher Intellekt fich herausfühlen läßt. Sjerow
war ein Feind jeder Pofe, jeder Gefälligkeit, und
fcharfe Auffaffung, pfychologifche Vertiefung find
faft allen feinen Bildniffen eigen. P. Ettinger.

BERLIN Adolf Goldfchmidt, Profeffor
der Kunftgefchichte an der Univerfität Halle, ift
zum Nachfolger Heinrich Wölfflins als Ordinarius
der Kunftgefchichte an die Berliner Univerfität
berufen worden und hat die Berufung bereits
angenommen. Die feit Wochen laut gewordenen
Kombinationen haben damit eine endgültige und
äußerft glückliche Beftätigung erfahren.

LEIPZIG Der außerordentliche Profeffor der
Kunftgefchichte an der Univerfität Leipzig, Georg
Graf Vitzthum von Eckftaedt, hat foeben
einen Ruf als ordentlicher Profeffor der Kunft-
gefchichte nach Kiel erhalten und denfelben an-
genommen. Damit ift auch die Befetjung diefer
Profeffur endgültig entfehieden.

ROM Am 6. Dezember ftarb hier durch Selbft-
mord im Alter von 45 Jahren der franzöfifche
Archäologe Paul Gauckler. Ein unheilbares
Lungenleiden trieb ihn in den Tod. Gauckler,
der von Beruf Wafferbauingenieur war, ift
hauptfächlich durch feine großen Ausgrabungen
in Tunis bekannt geworden. Eine Zeitlang
leitete er auch das Badomufeum. Dann ging er
feiner Kränklichkeit wegen in Penfion und ver-
brachte feit etwa fechs Jahren die Wintermonate
in Rom, wo er fich in wiffenfchaftlichen Kreifen
großer Beliebtheit erfreute. Ihm ift im Vereine
mit Nicolle und Darien die Entdeckung des auf
dem Gianicolo liegenden Heiligtums orientalifcher
Götter im Haine der Furrina zu verdanken.

L. P.

VERMISCHTES

HAMBURG Hier wird in nicht zu ferner
Zeit nach dem Vorbild anderer Städte ein
Kunftausftellungsgebäude entftehen, deffen Pläne
einer Zeitungsmeldung nach fchon völlig fertig
find, fo daß die Gründung einer Betriebsgefell-
fchaft unmittelbar bevorfteht.

ROM Der Wettbewerb um das große Relief
der fogenannten Altäre della patria an der Bafis
der Reiterftatue des Viktor Emanueldenkmals
ift nun endgültig zu Gunften des Bildhauers
Angelo Zanelli entfehieden worden. Die
Kommiffion, in der als führendes Mitglied Cor-
rado Ricci faß, zog mit Recht das Relief Zanellis
(geb. 1879 bei Brescia) dem des Konkurrenten
Dazzi vor. L. P.

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