Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:
Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0309

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER KUNSTMÄRKT — von den Auktionen

DIE AUKTION LÄNNÄ1

Die Äuktion Lanna bei Lepke in Berlin war
ein Ereignis. Sieben Tage lang, vom 21. bis
zum 28. März haben Mufeen, Sammler und
Händler um die kunftgewerblichen Schäle des
verdorbenen Prager Freiherrn wetteifert und
der Kampf der Intereffenten untereinander zeigte
oft eine Intenfität, wie man fie feiten bei Äuk-
tionen gewohnt ift. Es ift wieder ein Kampf
der Mufeen mit den Händlern gewefen. Und
faft alle deutfchen Mufeen waren bei Lepke
vertreten, auch das Äusland hatte feine Kenner
gefandt und in der ftattlichen Zahl der Händler
fah man neben den Berliner und den Herren aus
dem Reiche die markanteften Typen des Parifer,
Londoner, Wiener und Budapefter Marktes.

Nun liegt das Ergebnis vor uns: die 1755
Nummern diefes zweiten Teils der Lannafchen
Kunftgewerbefammlung haben 1400 000 Mark
gebracht. Die Summe ift refpektabel. Äber
nicht minder refpektabel fcheintuns der ideelle
Gewinn, den der Kunftmarkt felbft aus diefer
Verfteigerung ziehen kann. Denn die Lanna-
Äuktion hat bewiefen, wie mächtig der deutfche
Markt fich entwickelt, wie ftark Berlin vorwärts-
fchreitet und wie hoch man heute einzelne
Kunftgattungen ihren Qualitäten entfprechend
zu werten hat. Und das Ergebnis diefer Äuk-
tion läßt auch die Frage wieder akut werden,
daß die einzelnen Kommunen ufw. verpflichtet
wären und find, ihre Mufeen mit allen nur
möglichen Kräften in dem Beftreben zu fördern,
erftklaffige Qualitäten des Marktes um jeden
Preis fich zu fichern.

Daß diesmal die Mufeen tro^ aller Mühen
bisweilen unterlegen find, ift gewiß nicht ihre
Schuld. Ich fagte bisweilen. Oft nämlich haben
die Kenner manch glücklichen Griff getan. So
kaufte Direktor Koetfchau vom Kai fer Friedrich -
Mufeum in Berlin Hans Leinbergers Buchsrelief
„Die Kreuzabnahme Chrifti“ (für 30 000 M.), fo
hat das Münchner Nationalmufeum und
das Kgl. Münzkabinett in München durch Habich
und Stegemann hervorragende Buchsmedaillons
u. a., das Kunftgewerbemufeum in Ham-
burg durch Juftus Brinckmann und Dr. Stettiner
Keramik und Gläfer, haben die Kunftgewerbe-
mufeen von Berlin (Otto von Falke), Leipzig
(Dr. Graul), Stuttgart (Dr. Pazaurek), Köln (Dr.
Creug), Frankfurt a. M. (Dr. v. Trenkwald), Wien
(Dr. Ed. Leifching), Prag (Dr. Borowski) ufw.
gute Stücke zu erfchwinglichen Preifen erwerben

1 Wir legen Wert darauf, diefen Bericht fogleich nach
Schluß der Verfteigerung ganz zu bringen und tragen die
Ergebniffe der übrigen Auktionen, München, Paris, Lon-
don ufw., für die diesmal der Raum fehlt, in den nächften
Heften nadi. Die Red.

können. Äber den „Löwenanteil“ haben doch
die großen Händler gehabt.

Was nun auch diefe Lanna-Äuktion inter-
effant macht, find die Preife, die man für die
einzelnen Stücke und Gruppen zahlte. Befonders
hoch gingen die deutfchen Buchsfachen, die ja
gleich den Ärbeiten in Stein und Wachs feit
jeher anftändig bewertet wurden. Diesmal aber
ift die deutfche Konkurrenz fo ftark gewefen,
daß z. B. die Buchsmedaillons bis auf 16000,
17000 und 28000 Mark kamen. Und unter den
Steinen hat das Kehlheimer Relief von Hans
Daucher, das „Reiterbildnis Maximalians“,
den hohen Preis von 72500 Mark gebracht.
Diefes Hauptftück der Sammlung wandert nach
Wien. Nach London wieder gehen der italie-
nifche Bergkriftallpokal für 71000 Mark und der
fyrifche Glaspokal für 41000 Mark. Unter den
Porzellanen ift die berühmte Laudontaffe mit
8050 Mark bezahlt worden. Das ift ein Preis,
den man bisher noch niemals für eine deutfche
Taffe gegeben hat. Und auch die deutfchen
Gläfer erzielten Preife von bisher kaum ge-
hörter Höhe. Das farbig emaillierte Schaper-
glas, mit dem übrigens, wie mir der Direktor
des Prager Mufeums, Dr. Borowsky erzählte,
Ädalbert Freiherr v. Lanna feine Sammlung be-
gründet hatte, erreichte die Summe von 6100
Mark. Und hoch gingen daneben die Majo-
liken, die ja allerdings in ihren beften Quali-
täten auf dem internationalen Kunftmarkt fozu-
fagen ihre internationalen Preife haben. Immer-
hin fcheint uns der Preis von 41000 Mark für
den Sinefer Teller (mit dem Profilporträt eines
jungen Mannes) nicht eben gewöhnlich.

Nachftehend geben wir nach den Nummern
des Katalogs von Hans Carl Krüger, der auch
diefe Lanna-Äuktion frei von jeder Parteilich-
keit mit anerkennenswerter Umficht geleitet hat,
die für den Kunftmarkt wichtigen Preife wieder.

Der erfte Tag brachte zuerft die Ärbeiten in
Kehlheimer Stein, Ton und Maffe, dann die
Ärbeiten in Holz, fowie Kleinplaftik in Elfen-
bein, Perlmutter, Buchs, Glas und fchließlich
die Ärbeiten in Wachs und Kleinplaftik in Blei
und Zinn. Die bemerkenswerten Nummern er-
zielten folgende Preife: Nr. 15, Tonrelief, mit
Halbfigur der Madonna (italien., Ende 16. jahrh.)
600 M.; Nr. 25, Reliefporträt aus Kehlheimer
Stein mit Profilbildnis eines bartlofen jungen
Mannes (deutfeh, erfte Hälfte 16. Jahrh.) 2950 M.;
Nr. 26, Medaillon aus Kehlheimer Stein mit
Familienwappen (füddeutfeh, 16. Jahrh., Prov.
Sammlung Felix) 620 M.; Nr. 30, Stuckrelief mit
Halbfigur eines jungen Mädchens (deutfeh, erfte
Hälfte 16. Jahrh.) 2600 M. (von Dr. Jakob er-

Dcr Cicerone, III. Jahrg., 7. Heft. 22

281
 
Annotationen