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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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3. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0131

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ENTDECKUNGEN UND FUNDE

fahren, fobald die Genehmigung der projek-
tierten Reftauration feitens des Zaren erfolgen
wird. P. E.

TURIN Die feit fünf Jahren betriebenen
Wiederherftellungsarbeiten an der Kirche San
Domenico find unter Leitung des Architekten
Brayda und des Prof. Vacchetti foeben beendigt
worden.

VOLTERRÄ Auf Koften des Bifchofs des
Regio Economato und des Unterrichtsminifte-
riums ift unter Leitung des Architekten Cefare
Spighi die Faffade des bifchöflichen Palaftes
wiederhergeftellt worden. B.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

DÄS ÄLTE ÄTLÄNTIS? Der bekannte

Afrikaforfcher Leo Frobenius hat Mitteilungen
der Preffe zufolge auf feiner innerafrikanifchen
Forfchungsexpedition im Hinterlande Togo Ent-
deckungen gemacht, die ebenfofehr die Ethno-
logen wie die Kunftgelehrten intereffieren dürften,
da er fie in Zufammenhang mit Platos fagen-
hafter „Atlantis“ bringt. Der Bericht des grie-
chifchen Philofophen weift auf einen ägyp-
tifchen Priefter hin, der dem Solon erzählt habe,
daß eine Infel im Atlantifchen Ozean angeblich
größer als Afien und Libyen zusammen infolge
eines Erdbebens ins Meer gefunken fei.

Nun hat Frobenius einen antiken Bronzekopf
von hoher künftlerifcher Qualität mit den Infig-
nien des Pofeidon ausgegraben, der nach den
Überlieferungen der Eingeborenen der Gründer
jenes Staates ift, von deffen Exiftenz ihre Sagen
berichten. Diefer Gott wird noch heute bei
ihnen als Olckun, d. h. Gott des Meeres verehrt.
Diefer Kopf hat nichts Negerhaftes, fondern
überrafcht durch feine antikifche Schönheit und
durch die Lebendigkeit des Ausdruckes. Nur
zeigt er von oben bis unter das Kinn eine
leicht parallel verlaufende Tätowierung, wie fie
noch heute bei dem Volke diefer Gegend üblich
ift. Frobenius glaubt, nicht zuleßt auch nach
den Sagen des Volkes, die von einer verfunkenen
Königsftadt des Olckun berichten, die Platonfche
„Atlantis“ gefunden zu haben.

ÄBYDOS Jüngft ift bei Abydos, in nächfter
Nähe der beiden berühmten Tempel von Seti I.
und Ramfes dem Großen, einer Mitteilung der
F. Ztg. zufolge, eine intereffante Entdeckung
gemacht worden. Ein Eingeborener von El-
Arabia entdeckte hinter feinem Haufe Teile eines
Gebäudes, das fich als ein Tempel Ramfes’ I.,

des erften Königs der 19. Dynaftie und Vor-
fahren des erwähnten großen Tempelerbauers
herausgeftellt hat. Es ift gelungen, eine Halle
von 12 Fuß Weite freizulegen. Beide Seiten
des Torweges an der äußeren Mauer find mit
Geftalten des Königs und zahlreichen Hierogly-
phen bedeckt, und an der inneren Fläche der
Mauer, von der drei Seiten teilweife fichtbar find,
fieht man eine Reihe Figuren, die darftellen, wie
der gekrönte König dem Gotte Ofiris vier Ochfen
darbringt.

KORINTH Der F. Ztg. zufolge ift von dem
amerikanifchen Archäologen B. H. Hill, dem Vor-
fteher der amerikanifchen Schule für klaffifche
Studien in Athen eine intereffante Entdeckung
gemacht worden. Er ftieß bei Ausgrabungen
auf einen aus Zement gemauerten Brunnen, der
fich 2600 Jahre vortrefflich gehalten hat. Die
vier großen Behälter des Brunnens, die gegen
400 000 Liter Waffer faffen, find noch heute
dank der Verwendung diefes Zements in fo
vortrefflichem Zuftande, daß die Wafferver-
forgung durch fie wie in alten Zeiten gefchehen
kann.

POLÄ Zeitungsmeldungen zufolge wurde im
Verlaufe der Ausgrabungen am antiken Burg-
hügel in Pola, die unter der Leitung des Pro-
feffors Anton Gnirs, Konfervator der k. k. Zen-
tralkommiffion für Erforfchung und Erhaltung
der Kunft- und hiftorifchen Denkmale ftehen,
das Peristyl eines römifchen Wohnhaufes frei-
gelegt. Der Hauptraum des Peristyls foll gut
erhaltene Wandmalereien und einen intereffanten
Mofaikfußboden aufweifen. Die Ausgrabungen
dürften fortgefeßt werden.

POMPEJI Über den neuen Fresken-Fund,
der letzthin, wie bereits mitgeteilt, in Pompeji
gemacht wurde, veröffentlicht M. G. de Petra, der
italienifche Archäologe, soeben in der „Gazette
des Beaux-Arts“ nähere Einzelheiten: Der Ort
des Fundes ift eine unterirdifche Villa in Pom-
peji, die einige 100 m von dem Tore nach Hercu-
lanum entfernt ganz nahe an der Gräberftraße
liegt. Die erhaltenen Fresken bedeuten nicht
nur eines der hervorragendsten Malwerke rö-
mifcher Kunft, fondern geben auch durch ihre
gegenftändlichen Motive einen intereffanten Ein-
blick in den Kultus des verfinkenden Römertums.
Denn die Darftellungen behandeln die Einführung
der Frauen in die dionyfifchen Myfterien und
zwar in ebenfo dichterifcher wie zum Teil auch
realiftifcher Form. Da die Aufdeckung der Villa
noch nicht abgefchloffen ift, fo dürften weitere
Überrafchungen bevorftehen.

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