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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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21. Heft
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Biermann, Georg: Neue Blätter von Joseph Pennell
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0879

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NEUE BLÄTTER VON JOSEPH PENNELL'

Mit 4 Abbildungen Von GEORG BIERMÄNN

Das Sammeln von moderner Graphik erheifcht
ein Feingefühl künftlerifcher Art, aus dem
heraus Werte der Gegenwart für die Zukunft
gefichert werden füllen. Bei der Summe von
mittelmäßigen Perfönlichkeiten verdient ein Mann
wie Jofef Pennell deshalb befonderes Intereffe,
weil feine Kunft das unverfälfchte Geficht unferer
Kultur hat und weil durch ihn ein Stück neuer
Weltanfchauung zu einer feltfam reinen Ver-
klärung kam.

Er wurde in gewiffem Sinne der Entdecker
eines neuen Gebietes und es verdient doppelt
unterftrichen zu werden, daß feine leßten Blätter,
die zu dem Reifften gehören, was wir überhaupt
der Kunft verdanken, zum Teil in Deutfchland
entftanden find, in jenem Gebiete des Rheines, der
die neuen Burgen des 20. Jahrhunderts mit ihren
Schloten und Hochöfen an feinen Ufern fieht.

Obwohl Pennell, der gebürtige Amerikaner,
erft verhältnismäßig fpät zur Kunft gekommen ift,
fo will es uns beim Betrachten feiner Blätter
doch fcheinen, als fei er immer ein Künftler ge-
wefen, einer von den wenigen, denen eine Miffion
Vorbehalten war.

Durch ihn hat die prometheifche Spähre der
Induftrien und Fabriken eine künftlerifche Ver-
klärung gefunden, die ihn unverfehens zu ei-
nem neuen Apoftel der Arbeit macht.

In den amerikanifchen Wolkenkraßern der
City, in dem ungeheuren Getöfe der Mafchinen
feiner mächtig emporblühenden Vaterftadt Chi-

Neue Burgen am Rhein

1 Die hierbeigegebenen Illuftrationen
find nach Blättern im Befitj der Hof-
kunfthandlung von Ern ft Arnold
in Dresden, die kürzlidi eine große
Pennell-Äusftellung veranftaltet hatte,
angefertigt. Die Red.

Landungsfteg, Duisburg

cago entdeckte er ein Neuland
der Kunft, das bisher faft völlig
abfeits vom Geltungsbereich
der Moderne gelegen war und
wenn er in feinem reichen Oeuvre
oftmals auch die hiftorifch be-
deutenden Stätten feftgehalten
hat, denen er auf feinen Reifen
begegnete, fo wird er für die
Kultur unferer Zeit doch in erfter
Linie immer der Interpret jener
Stätten der Arbeit fein, die dem
großen Zeitalter der Induftrie
längft fchon ihr befonderes fo-
ziales Gepräge gegeben haben.
Pennell hat diefe feine Welt
aus einer myftifchen Sehnfucht
heraus gefunden; denn man lieft
es feinen Blättern ab, wie diefe

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