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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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10. Heft
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Gottschewski, Adolf: Neuere Erwerbungen des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0400

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NEUERE ERWERBUNGEN DES HÄMBUR-
GISCHEN MUSEUMS FÜR KUNST UND

GEWERBE Von Ä. GOTTSCHEWSKI

Mit 12 Abbildungen, davon 2 auf Tafeln

Von dem ftarken Leben, das im Hamburgifchen Mufeum für Kunft und Gewerbe
waltet, gibt alljährlich der von Direktor Juftus Brinckmann erftattete Bericht einem
breiteren Kreife Kunde. Nach allen Seiten ausgreifend, ohne zeitliche und örtliche
Grenzen, entwickelt das Mufeum eine Sammeltätigkeit, die fonft den Rahmen fehr ver-
fchiedener Anftalten zu füllen pflegt. Die Überficht über die Verwendung der budget-
mäßigen Mittel im Jahre 1909 weift die Einverleibung von 481 Gegenftänden aus
18 verfchiedenen technifchen Gruppen aus; zeitlich verteilen fich diefe auf alle Epochen
vom klaffifchen Ältertum bis zum 20. Jahrhundert. Befondere Gruppen bilden darin
die vierländifchen Altertümer, die als Dokumente der hochentwickelten Volkskunft des
hamburgifchen Landgebietes eine befondere Äufmerkfamkeit finden; ferner Japan,
China und Zentralafien. Rechnet man den 481 aus Staatsmitteln erworbenen Objekten
einige Duzend aus Schenkungen erworbene hinzu, fo gelangt man zu einer fehr
hohen Zuwachsziffer, die bei den bekannten Grundfät^en des Leiters felbftverftändlich
nicht auf Koften der Qualität erreicht ift. Welchen Sammelzielen in diefer umfaffenden
Erwerbungstätigkeit zugeftrebt ift, das wird erft fichtbar werden, wenn von dem
das Mufeum beherbergenden Gebäude auch der größere, jeljt anderen Zwecken
dienende Teil den Sammlungen zur Verfügung ftehen wird und dann den Magazinen
alles das entfteigen wird, was aus Raummangel bis dahin verborgen blieb. Zu diefem
Zeitpunkt wird man auch erft ganz ermeffen können, was für die ca. l1^ Millionen Mark,
die feit 1869 bis zum Schluß des Jahres 1910 aus Staats- und privaten Mitteln, fowie
aus Verrnächtniffen für die Sammlungen aufgewendet find, gefchaffen worden ift.

Aus der großen Zahl der erworbenen Altertümer findet im Jahresberichte für 1909
nur ein kleiner Teil eine Befprechung; es find diejenigen Stücke, die auch außerhalb
der Reihen verwandter Objekte kraft ihrer hohen künftlerifdien Qualität ihre Einzel-
bedeutung haben, oder die als Ausgangs- oder Gipfelpunkte beftimmter Kunftübungen
gelten können, oder die in kulturhiftorifcher Beziehung befonderes Intereffe haben. An
diefer Stelle kann natürlicherweife nur auf wenige der im Jahresbericht behandelten Werke
eingegangen werden. Da wäre zunächft jenes Weinkühlers zu gedenken, der als Inkunabel
der künftlerifch geftalteten Produkte der oberöfterreichifchen Hafnerkeramik auf der erften
Auktion Lanna heiß umftritten und fchließlidi vom Hamburgifchen Mufeum für 12100 Mark
errungen wurde. Die kunfthiftorifche Bedeutung diefes doppelwandigen, walzen-
förmigen Gefäßes mit dem der deutfchen dekorativen Ikonographie fo lieben Darftellung
der aus dem gelobten Lande mit der Riefentraube heimkehrenden Kundfehafter Jofua
und Kaleb in lebhaft farbigem Relief, ift von Walcher von Moltheim in feinem Buche
über die „Deutfche Hafnerkeramik der Renaiffance in den öfterreichifchen Ländern ob
der Enns und Salzburg. Wien 1906“ hinlänglich feftgeftellt. Er bezeichnet es als das
frühefte Gefäß mit aufgelegtem buntglafierten Relief, das uns von den glafierten Hafner-
gefchirren des Salzachtals erhalten ift, aus jenem keramifchen Produktionszentrum, das
dank feiner Lage mit der deutfchen realiftifchen Formgebung italienifche Farbenfreudig-
keit zu verbinden vermochte. Moltheim hat die hiftorifche Beftimmung des Wein-
kühlers gewinnen können durch Vergleich mit dem „beften Ofen deutfeher Gotik“ vom
Jahre 1501, der fich auf der Vefte Hohenfalzburg befindet, und dem verwandten Ofen

Der Cicerone, III. Jahrg., 10. Heft. 29

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