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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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VERMISCHTES

VERMISCHTES

UM LIONÄRDO UND „MONA LISA“

Eine Büfte Lionardo da Vinci’s wurde fo-
eben in dem in der Touraine gelegenen Städt-
chen Ämboife eingeweiht. Diefelbe ift ein
Gefchenk der Franko-italienifchen Liga. Bei
diefem Anlaß fand eine Befichtigung des mittel-
alterlichen Schloffes Amboife, der intereffanten
Kirche St. Denis und des der Gräfin St. Bris
gehörigen Schloffes du Clos-Luce ftatt, in
welchem Franz I. das Bildnis der Joconde von
Lionardo da Vinci erwarb und in dem letz-
teren am 2. Mai 1519 ftarb. Die Einweihung
der Büfte koinzidierte mit der Eröffnung des
neu gegründeten „Institut d’art industriel italo-
fran^ais“.

Gelegentlich der erwähnten Zufammenkunft
franzöfifcher und italienifcher Kunftfreunde wurde
berichtet, daß ein römifcher Sammler, Graf Pri-
moli, Beßrer eines Porträts der Monna Lifa
fei, welche bis zum Gürtel nackt dargeftellt ift
und von der man auch durch die den unteren
Teil der Figur verkleidenden Bailuftrade nackte
Teile fehen kann, welche durch eine fafrangelbe
Draperie verhüllt find. Das Bild ftammt an-
geblich aus der Galerie des Kardinals Fefch, der
es von einem Fürften Rospigliofi erworben habe
und trägt eine Infchrift „Ritratto di Monna
Lisa, celebre amante di Francesco I, Re di
francia“, eine Angabe, die fchon deshalb nicht
ftimmt, weil Franz I. noch nicht geboren war,
als Lifa Geraldini den Florentiner Bürger Fran-
cesco del Giocondo 1491 angetraut wurde. Als
Franz I. fich 1515 Lionardo in Pavia vorftellen
ließ, war Monna Lifa, deren Porträt 1503 be-
gonnen wurde und das er 1517 in Clos-Luce
erwarb, wahrfcheinlich tot. Vielleicht ift es um
die Echtheit des Bildes nicht beffer beftellt, als
um die Zuverläffigkeit der Infchrift. F. M.

* *

*

Zu dem Diebftahl der „Mona Lifa“ fchreibt
man uns noch aus Italien:

Leuten Monat wurden aus der „Farnefina“
in Rom zwei Gemälde, die fich im erften Stock
befanden, wo das Publikum nur mit perfönlicher
Erlaubnis des Befifeers zugeiaffen ift, geftohlen,
davon eines dem Rubens zugefchrieben. Der
Äuffeher wurde beftraft, aber die beiden Bilder
find nicht wiedergefunden worden.

Vor einigen Monaten hat ein Dieb in Perugia
einen Teil der Tiara der Statue Julius III.,
einem Werke Ignazio Danti’s, welches fich auf
dem Platz vor der Kathedrale befindet, geftohlen,
jedoch wurde das mehrere Kilo wiegende Stück
wiedergefunden.

Von dem Schildkrötenbrunnen der Piazza
Mattei in Rom wurde eine der Schildkröten ent-
wendet. Man war bereits im Begriffe, fie durch
eine Kopie, die im Befiße eines Antiquars war,
zu erfefzen, als fich das Original an einer Straßen-
ecke wiederfand.

Der das meifte Auffehen machende Diebftahl
der letzten Jahre in Italien war aber der des
berühmten Pluviale vonAscoli, eines priefter-
lichen Ornaments von hohem Alter und außer-
gewöhnlichem Wert. Diefes hatte Pierpont
Morgan gekauft, der es jedoch angefichts des
Auffehens des Falles und zur Vermeidung eines
Prozeßes zurückzugeben vorzog, wofür er dann
auch einen hohen Orden bekommen haben foll.

Übrigens machen fich zu dem kleinen Bei-
trag „Der Diebftahl der ,Mona Lifa1“, Heft 17,
Seite 681, infolge nicht rechtzeitig eingetroffener
Korrekturen zwei Richtigftellungen notwendig.
Bei Kennzeichnung der Zuftände im Louvre ift
zu lefen: „Behufs Umhängung der Rembrandt-
bilder wurden die Teniers 2 V2 Jahre lang auf
dem Speicher behalten.“ Ferner bezieht fich am
Schluß die Summe von 290000 Fs. für Gehälter
nicht auf 253 Äuffeher, fondern auf 153 Wärter
des Louvre.

LUINI-FORSCHUNGEN Bernardino
Luinis Fresken, die fich in der Mailänder Brera
befinden, nachdem fie urfprünglich die Wände der
Villa Pelucca unweit Monza gefchmückt hatten,
bilden den Gegenftand einerStudie des bekannten
Kunftgelehrten Luca Beltrami, der fich mit dem
Leben und mit den Bildern des großen lombardi-
fchen Malers eingehend befchäftigt, da er ein aus-
führliches Werk über ihn vorbereitet. Beltrami
hat in der Mailänder Biblioteca Trivulziana ein
Dokument aufgefunden, aus welchem mit voll-
kommener Klarheit hervorgeht, daß fich die ge-
nannte Villa in der erften Hälfte des 16. Jahr-
hunderts im Befitje der Familie Rabia befunden
habe. Durch diefe Konftatierung wird die Mythe,
daß Luini mit Laura Pelucchi, nachdem er in
dem Haufe ihres Vaters Zuflucht gefunden habe
in zarte Beziehungen getreten fei, endgültig zer-
ftört. Ferner ift es Beltrami gelungen, das ganze
Enfemble der malerifchen Ausfchmückung der
Villa feftzuftellen. Die Bilderferie der Mofes-
legende befand [ich auf den Wänden des großen
Saales, der in den Hof fchaute. Oberhalb des
Kamines waren Vulkan und Venus abgebildet,
während fie damit befchäftigt waren, die Waffen
des Mars zu härten. Der kleine gegen Weften
gelegene Saal war mit Malereien mythologifchen
Charakters ausgeftattet. Das kleine Zimmer,
das diefem Saale folgte, zeigte in jeder Ecke

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