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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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24. Heft
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Denkmalpflege
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Entdeckungen. Funde
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#1024

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DENKMALPFLEGE o ENTDECKUNGEN UND FUNDE

Malgrund vertritt, die Leuchtkraft der Farben
zu fteigern. Die Patina des Alters freilich geht
den Farben auch hierbei meift verloren; fie er-
fdieinen wie erneut, nachdem fie von der auf-
liegenden Staubfchicht und den Übermalungen
al secco befreit find.

Ändrea del Sartos „Madonna del Sacco“ in
der Santissima Annunziata, deren leuchtende
Farbenfchönheit ein ungefchickter Reftaurator
des 18. Jahrhunderts vernichtet hat, der fich
rühmte, ein Pfund Staub heruntergewafchen zu
haben, ift auf Koften der Behörde für Denkmal-
pflege forgfältig gereinigt und unter Glas ge-
bracht worden. In der Vorhalle hat man den
Marmorfußboden reftauriert und beabfichtigt, die
koftbaren Fresken Baldovinettis, Sartos, Francia-
bigios, Roffos und Pontormos durch eine Glastür
gegen das Eindringen des Straßenraubes zu
fchügen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die
Fresken nach der Befeitigung der Glashalle durch
den Staub der den Annunziatenplag durch-
kreuzenden, fehr verkehrsreichen Straßen in
empfindlicher Weife gefchädigt worden [ind.

W. B.

PRÄTO Huf Grund eines Entwurfes Profeffor
Hgenore Socinis, des Oberintendanten der Kunft-
denkmäler Toskanas, wird demnächft wahrfchein-
lich die Wiederherftellung des reizenden Palazzo
Datini in Angriff genommen werden. Der Gründer
des Palaftes, Francesco di Marco Datini, hatte
im Jahre 1410 fein ganzes ungeheures Vermögen
feiner Vaterftadt teftamentarifch hinterlaffen. Aus
Dankbarkeit befehloß die Stadt, die Faffade des
Palaftes mit Fresken fchmücken zu laffen, die
das Leben des hochherzigen Mitbürgers ver-
herrlichen füllten. Am 4. November 1410 be-
gannen die Maler Niccolö die Pietro Gerini,
Ambrogio di Baldefe, Lippo d’Andrea und Sco-
laio di Giovanni ihre Arbeit, die leider der Un-
gunft der Zeiten nicht ftandgehalten hat. Heute
find von den Fresken der vier Maler nur noch
befcheidene Refte übrig, fo daß man fchon daran
gedacht hat, fie unter Benutzung der noch er-
haltenen Fragmente neu malen zu laffen.

Das ehrwürdige Caftello di Santa Bar-
bara, die unter Kaifer Friedrich II. durch apu-
lifche Baumeifter errichtete Reichsburg, ift vom
Fiskus gegen eine mäßige Entfchädigung der
Stadt überlaffen worden, die eine Reftauration
der Türme, der Mauern und des von fteinernen
Löwen bewachten Tores plant. Wichtige Re-
ftaurationsarbeiten find ferner unter Leitung des
Architekten Ezio Cerpi von der Florentiner
Sopraintendenza an dem Campanile der früh-
gotifchen Kirche S. Domenico ausgeführt worden.

In den Palazzo Pretorio, deffen Wieder-
herftellung nach den Plänen der Sopraintendenza
per i Monumenti erfolgt ift, konnte vor kurzem
die kleine, aber nicht unwichtige Gemäldegalerie
überführt werden, die bisher in drei engen
Räumen des Palazzo Comunale recht ungünftig
aufgeftellt war. Einige Nebenräume im zweiten
Stock werden die kleine nach dem Vorbilde des
Florentiner Mufeo topografico geplante Samm-
lung alter Stadtanfichten von Prato aufnehmen.

Im Dom ift Giovanni Pifanos Madonna della
Cintola, das legte und vielleicht fchönfte Werk
des Meifters, das bisher nur am Tage der
Gürtelfpende ganz enthüllt wurde und fonft
über und über mit buntem Pug und Flitterwerk
verdeckt war, aus dem nur die Gefichter der
Madonna und des Kindes hervorfahen, von
allen diefen ftörenden Zutaten befreit worden.
Das wundervolle Werk, das Giovannis Marmor-
technik in ihrer höchften Vollendung offenbart,
hat feinen urfprünglichen Plag in der düfteren
Cappella della Cintola behalten, für deren gute
Beleuchtung das Domkapitel hoffentlich noch
forgen wird. Aus dem Domfchag ift der fchöne
Kandelaber des Maro di Bartolomeo, genannt
Mafaccio, hervorgeholt und im Dom aufgeftellt
worden. Ferner wird geplant, das Tafelbild
Filippo Lippis, das den Tod des heiligen Hiero-
nymus darftellt, forgfältig zu reftaurieren. Alle
diefe teils geplanten, teils fchon ausgeführten
Arbeiten zeigen, in wie hohem Maße der Staat,
die Stadtverwaltung und die verfchiedenen kirch-
lichen Körperfchaften fich der Pflege der ihnen
anvertrauten Kunftfchäge widmen. W. B.

ROM Die Fresken des Antoniazzo Romano
in der Kapelle der hl. Katherina in der Kirche
S. Maria sopra Minerva werden jegt durch den
in folchen Arbeiten bewährten Reftaurator Ven-
turini-Papari abgenommen und auf Leinwand
übertragen. Derfelbe Reftaurator hat feine Kunft
auch einigen Fresken der Kirche S. Praffede
und von S. Giorgio in Velabro aufs glücklichfte
angedeihen laffen. L. P.

ENTDECKUNGEN ♦ FUNDE

MÄILÄND Die wenigen mittelalterlichen
Refte, die das moderne Mailand noch befigt,
drohen nach und nach zu verfchwinden. So
wird nunmehr der Kreuzgang des ehemaligen
Vettabbiaklofters, das fich, etwa einen Kilometer
vom Domplag entfernt, auf dem Corso San
Celso befindet, niedergeriffen, um irgend einem
gefchmacklofen Neubau Plag zu machen. Hierbei
wurde eine intereffante archäologifche Ent-
deckung gemacht. Es wurden nämlich bei den

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