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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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3. Heft
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Redslob, Edwin: Ausstellung moderner Kunst aus Bonner Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0111

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AUSSTELLUNG MODERNER KUNST AUS
BONNER PRIVATBESITZ

Mit 9 Abbildungen, davon 2 auf einer Tafel

Von EDWIN REDSLOB

In bemerkenswerter Weife häufen fich in letzter Zeit die Anzeichen, die von einer
Hebung des künftlerifchen Lebens innerhalb der Rheinlande künden. Nachdem
Düffeldorf im vorigen Jahre durch die Äusftellung des Sonderbundes weftdeutfcher
Kunftfreunde und Künftler die entfcheidende Anregung gab, bekam nun Bonn durch
die Arbeit der dortigen Gefellfchaft für Literatur und Kunft feinen Anteil an dem er-
wachenden Leben. Bonn ift keine Kunftftadt, es war daher mehr auf die Hilfe von
Kunftfreunden als von Künftlern angewiefen, durch deren Entgegenkommen eine Aus-
heilung moderner Kunft zufammen kam, die zu einem Ereignis weit über Bonns Kreife
hinaus geworden ift.

Univerfitätsftädte haben im allgemeinen keinen guten Ruf als Orte der Kunftpflege,
da ihre Neigungen mehr wiffenfchaftlicher und literarifcher Art find. So war denn
auch die Ausbeute keine zu reichhaltige — Werke größter rheinifcher Meifter des
19. Jahrhunderts, wie etwa von Rethel und Leibi fehlen ganz — aber die Aus-
heilung gibt dennoch einen guten Überblick über die Entwicklung des malerifchen
Schaffens innerhalb der zwei letzten Menfchenalter.

Als Einleitung ift eine Sammlung retrofpektiver Art vereinigt, deren Stücke zum
Teil fchon 1906 auf der Jahrhundertausftellung vertreten waren. Die Reihe wird er-
öffnet durch den Nazarener Overbeck, an deffen Chriftus als Gärtner (Bef. Profeffor
Clemen) uns Heutigen vor allem die landfchaftliche Ruhe und Größe gefällt. Um
nämlich den Hintergrund nicht hart herausprallen zu laffen, war Overbeck hier zu
einer feineren und weicheren Abtönung gezwungen, als fie die Hauptgruppe zeigt und
er fchuf fo ein Bild im Bilde: den Wiefenhang, hinter dem die zwei Jünger hinein-
ziehen in eine reiche Landfchaft.

Als Haupt der nächften Generation erfcheint Feuerbach mit zwei kleinen Skizzen
(ebenfalls im Befiße des Prof. Clemen). Die erfte intereffiert als frühe Arbeit aus der
Düffeldorfer Lehrzeit (1847). Im Vergleich zu Overbeck zeigt fie, wie ausgeprägt fchon
damals Feuerbachs Fähigkeit war, Figuren und Landfchaft als Ganzes zu empfinden.
Auch die etwas unperfönliche Studie „Mirjam“ — ein Werk der Parifer Zeit im Stile
Coutures — erfcheint wertvoll durch die Stimmungseinheit von Landfchaft und Figur.

So leitet Feuerbach zwanglos zur frühen Landfchaftsmalerei über, deren noch ftark
am Gegenftändlichen haftende Abfichten durch zwei griechifche Veduten Rottmanns
und einen Andreas Achenbach aus derZeit feiner koloriftifchen Höhe erläutert werden.

Ein feiten feines Bildchen, die Rheinlandfchaft von Scheuren (Bef. Dr. Rud. Meyer),
zeigt, mehr gezeichnet als gemalt in einer entzückend zarten Pinfelführung, den Reiz
einer anfpruchslofen Romantik, während die gleiche Note bei dem erft durch die Aus-
heilung bekannt gewordenen Poftboten Spißwegs (Bef. Frau Ferd. Reufch, Gut Rhein-
fels bei St. Goar) zu einem felbft für Spißweg ungewohnten Überreichtum an Motiven
führte. Im Gegenfaß zu Spißwegs literarifcher Freude am Motiv geht die Genrekunft
C. Engels von der Rabenau vom Porträt aus: das Bildnis der drei Frankfurter beim
Apfelwein (Bef. Dr. Roettgen) zeigt in den Porträts und im Stilleben manche Qualitäten,
fo daß ihm in der Reihe der durch die Jahrhundertausftellung bekannt gewordenen
Bilder diefes Malers eine gute Stelle zukommt.

Von Düffeldorfer Genremalern find nur Ritter und Vautier vertreten, Vautier
mit einem flott gemalten Kinderbildnis. Die hiftorifche Neigung der Genremalerei er-

Der Cicerone, III. Jahrg., 3. Heft. 8

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