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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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17. Heft
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Biermann, Georg: Altholländische Bilder bei Frederik Muller & Co in Amsterdam
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0705

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ÄLTHOLLÄNDISCHE BILDER BEI FRE-
DERIK MÜLLER & C®. IN AMSTERDAM

Mit 2 Abbildungen im Text und einer Tafel Von GEORG BIERMANN

Seit einer Reihe von Jahren pflegt die bekannte Ämfterdamer Kunfthandlung und
Auktionsfirma Frederik Müller & Co. während der Sommermonate, wenn zahl-
reiche Fremde nach Holland kommen, die Schönheit der alten Städte zu genießen
und an der See Erholung zu Juchen, in dem prächtigen Oberlichtfaal des neuen Haufes
in der Doelenftraat eine Sammlung von Meifterwerken alter Kunft zufammenzuftellen,
die doppelt verdienftvoll ift, weil [ie die Bekanntfchaft von Stücken vermittelt, die dem
beweglichen Gut des Kunfthandels angehören, deren Genuß daher nur für kurze Zeit
dem Kunftfreunde ermöglicht wird. Und wie es feit langem der Fall, trifft man an
diefer Stelle immer auf Werke, die ebenfo ihrer Qualität nach wie durch ihre be-
fondere kunfthiftorifche Note die Aufmerkfamkeit der Sammler und Forfcher auf fich
lenken. Ein kleiner ausgezeichnet abgefaßter Katalog in franzöfifcher Sprache gibt
Bildbefchreibung, Provenienz und alles übrige Wiffenswerte und führt diefen Befiß
damit dauernd — foweit dies noch nicht der Fall ift — auch in die Literatur ein.

Die heurige Äusftellung mit ihren 27 Nummern, bei deren Befuch auch die hödifte
Erwartung nicht enttäufcht wird, berückfichtigt faft gleichmäßig alle Stoffgebiete der
holländifchen Malerei des 17. Jahrhunderts. Landfchaft, Ärchitekturmalerei, Seeftück,
Stilleben, Porträt und Sittenbild und wenn diesmal auch das Schwergewicht mehr oder
weniger auf der Landfchaftsmalerei liegt, fo ift dodi die bunte Reihe der Erfcheinungen
in jedem befonderen Falle nicht minder inftruktiv. Von den beiden Ruysdael werden
allerdings Bilder vorgeführt, die mit zu dem Vollwertigften rechnen, was die Kunft-
gefchichte von ihnen befißt. Von dem älteren Salomon Ruysdael fieht man die
prächtige „Tränke am Wege“ von 1659 aus der Sammlung Maurice Kann, in reich
belebter Landfchaft mit dem von Bäumen befchatteten Meierhof auf der linken Seite,
vor dem zwei Wagen halten, während rechts der Blick zu einem in der Ferne fichtbar
werdenden Dörfchen hineilt, das von einem Kirchturm überragt wird. Diefem Werke
ftellt fich ein großes Breitbild (111X153 cm), eine Landfchaft mit Schloß zur Seite,
vollfigniert und 1652 datiert, ein Stück von ungeahnter Farbenpracht mit wunderbar
durchfichtiger Ätmofphäre. Auf der rechten Bildhälfte, die ungemein an van Goyen
erinnert, gewahrt man einen von Segeln und Kähnen belebten breiten Fluß, in
dem fich der leuchtende Mittagshimmel widerfpiegelt. Ein drittes Bild des Meifters
zeigt ein Flußufer mit einer fahl beleuchteten Baumgruppe, die koloriftifch ftark auf
Rembrandt hinweift. Das Stück ift auf Holz gemalt (41X63 cm) und wenn es auch
nicht figniert ift, fo hat es doch alle Zeichen diefer reifen Ruysdaelfchen Kunft.

Von Jacob van Ruisdael find in der Äusftellung ebenfalls drei Bilder zu fehen,
darunter die Landfchaft mit dem mächtigen Lichteffekt, die vordem bei Maurice Kann
war, vollfigniert und datiert aus dem Jahre 1649 (Holz 52X68 cm). Der leuchtende
Abendhimmel wird vereinzelt durch große finftere Wolken verdunkelt und daraus ent-
fteht ein malerifches Bukett luminiftifcher Effekte, die diefes Werk zu einem Meifter-
ftück holländifcher Landfchaftsmalerei ftempeln. Derfelben Provenienz entftammt der
„Sturm“, diefes faft fantaftifche Seebild, wo der Mond hinter düfteren Wolken her-
vorbricht und fein Licht auf die aufgeregten Fluten ergießt. Es ift monogrammiert,
ebenfalls auf Holz gemalt (49X64,5 cm). Ein drittes Stück des gleichen Meifters,
auch mit dem Monogramm figniert (Leinwand 59X73 cm), das einen Waldteich dar-
ftellt, können wir dank dem Entgegenkommen der Herren Müller & Co. den Lefern in

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