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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Gesellschaften und Vereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0174

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GESELLSCHAFTEN UND VEREINE

Buchkunft genannt hat, ftimmte in der Diskuffion
der Hypothefe Profeffor Springers zu.

In der Januarfißung hielt Dr. Eduard Eyffen
einen Vortrag über die Gefchichte der Wand-
bilder im Nürnberger Großen Rathausfaal, die
bekanntlich nicht von Dürer felbft, [ondern nur
nach de|Jen Angaben ausgeführt wurden und
durch Übermalungen außerordentlich verändert
worden find. Der Vortragende kann nun zur
Feftftellung von Dürers Anteil ein Kurzfehwert
von 1530 im Berliner Zeughaus beiziehen, deffen
Klinge in Aztechnik anlehnend an Dürers Wand-
bild die „Verläumdung des Apelles“ von 1521
aufweift und auch die originalen Infchriften
wiedergibt. Eine zweite Klinge in derfelben
Sammlung, die in der gleichen Zeit entftanden
fein mag, zeigt vier Gerechtigkeitsdarftellungen,
und hängt mit den Bildern der Südwand zu-
fammen, deren Erfcheinung fie vor deren Über-
malung im Jahre 1613 übermittelt. Svs.

FLORENZ Kunfthiftorifches Inftitut.
25. Januar 1911. Prof. Chr. Hülfen fprach über
die Baugefchichte der Villa Madama und legte
einige bisher unpublizierte und meift nicht er-
kannte Zeichnungen Martins von Heemskerk
aus deffen Skizzenbuch im Berliner Kupferftich-
kabinett vor. Die wichtigfte darunter ftellt die
halbrunde Südloggia dar, welche jetzt den Ein-
gang des Gebäudes bildet. Der Bau erfcheint
hier fdion als Ruine, die Säulen haben ihre Ka-
pitäle verloren, und Strauchwerk wächft aus
einem Fenfter heraus. Es ift wohl ausgefchloffen,
daß die Zeichnung angefertigt wurde, nachdem
Antonio da Sangallo die 1527 während der
Plünderung Roms verwüftete Villa zu reftaurieren
begonnen hatte. Andererfeits kann die Zeich-
nung nicht älter fein als Herbft 1532, zu welcher
Zeit der Künftler in Rom ankam. Sie wider-
legt demnach die auf Reumonts Autorität von
den Neueren angenommene Datierung der Neu-
bauten Sangallos fchon auf 1530. Von dem
jetzigen Zuftande des Baues weicht die Zeich-
nung in einem wefentlichen Punkte ab: Wäh-
rend jetzt zwifchen den großen Interkolumnien
[ich kleinere von Halbfäulen umrahmte Fenfter
befinden, zeigt Heemskerk im dritten Inter-
kolumnium von Süden eine große Tür, durch
welche man auf die dreieckige Rampentreppe
blickt, die zum Garten hinab und zum Ober-
gefchoß hinaufführt und jetzt völlig zerftört ift.
Diefer Umftand ftimmt zu dem Plan aus der
erften Bauperiode (Uffizienzeichnungen 179 und
314). In diefe Pläne hat Sangallo fpäter die
kleine Wendeltreppe hineingezeichnet, welche
jetzt die erwähnte Haupttreppe erfetzt und durch
deren Bau der Eingang im zweiten Interko-

lumnium großenteils gefchloffen ift. Ein Durch-
blick, wie ihn Heemskerk zeichnet, exiftiert über-
haupt nicht mehr. Diefe Wendeltreppe ift eine
der wenigen ficher nachweisbaren Zutaten An-
tonios da Sangallo. Dagegen wird man aus
Heemskerks Zeichnung fchließen müffen, daß er
die vier Intervalle in jedem Quadranten der
Rotunde fchon vorfand und daß die Darftellung
auf Giulio Romanos Fresko der Konftantins-
fchlacht, wo jeder Quadrant nur zwei Intervalle
hat, ohne Gewähr ift. Wenn Antonio da San-
gallo im vorletzten Lebensjahre Clemens’ VII.
die Renovierung der fünf oder fechs Jahre vor-
her zerftörten Villa in die Hand nahm, fo er-
klärt fich, weshalb der beabfichtigte Neubau in
den Anfängen ftecken geblieben ift.

Bei dem Mangel an dokumentarifchen Nach-
richten herrfchte bisher über den Anteil der ein-
zelnen Baumeifter große Unklarheit. Geymüller
hat zuerft betont, daß Raffael das Hauptver-
dienft an dem Bau der Villa gebührt. Theobald
Hofmann hat daneben noch Giulio Romano
und Antonio da Sangallo einen wefentlichen
Anteil zufchreiben wollen. So glaubt er, daß
das große Halbrund, welches jetzt den Eingang
zu der Villa bildet, mehrfachen Änderungen
unterworfen worden fei, daß Giulio Romano es
nur mit zwei Intervallen in jedem Quadranten
geplant und fo auf feinem Fresko der Kon-
ftantinsfchlacht 1524 dargeftellt habe. Antonio
habe dann das Halbrund faft vom Grunde
wieder aufgebaut, mit verdoppelter Zahl der
Intervalle. Durch Prof. Hülfens Feftftellungen
kommt Geymüllers Anficht wieder zu Ehren;
das Ganze ift demnach raffaellesk und Giulio Ro-
mano und Antonio da Sangallo haben einen weit
geringeren Anteil an der Ausführung des Baues.

Herr Prof. Brockhaus fprach über den Ge-
dankenkreis des Campo Santo in Pifa
und verwandter Freskenzyklen, wie die Cap-
pella degli Spagnuoli, den dazugehörigen
Chioftro Verde von S. Maria Novella und
das 10 km nördlich von Florenz, am Fuß des
Monte Morello gelegene, faft unbekannte Cer-
cina. Der Vortragende ging davon aus, daß
diefe drei Zyklen große Verwandtfchaft mit-
einander befißen und fuchte die ihnen allen ge-
meinfame Quelle nachzuweifen. Er fand fie in
den kirchlichen Sterbegebeten, dem „Ordo com-
mendationis animae“, der im Anhang zum Bre-
viarium Romanum gedruckt ift. Die vier im
Pifaner Campo Santo nebeneinander befindlichen
Fresken Triumph des Todes (vielmehr nach Da-
vidfohns anfprechender Hypothefe der Triumph
über den Tod1), jüngftes Gericht, Hölle und

1 Mitteilungen des Kunfthiftorifchen Inftitutes in Flo-
renz, 1. Heft, Herbft 1908, p. 33—34.

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