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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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4. Heft
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Biermann, Georg: Die Konkurrenz zum Bismarck-Nationaldenkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0161
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DIE KONKURRENZ ZUM BISMARCK-NÄTIONALDENKMÄL

an irgendeine phantaftifche Siegfridfigur oder
gar an eine Nibelungenidee gedacht hatte, warf
fie beifeite, um etwas Großzügiges zu entwerfen.
. . . Der Entwurf von Hermann Hahn ift ficher
für 400000 M. auszuführen, wenn nicht noch für
viel weniger. Dann kam als Verfuchung der
Name Bis mar de-National-Denk mal-Kon-
kurrenz hinzu und endlich der hohe Plag auf
dem Bergrücken am Rhein. . . . Wenn ich auch
nicht, wie ein norddeutfehes Blatt, an eine be-
abfichtigte Niederhaltung der Perfönlichkeit Bis-
marcks glaube, fo möchte ich wohl annehmen,
daß das Preisgericht tatfächlich den Wunfch
hatte, etwas zu befigen, was dem rückftändigen
Niederwald-Denkmal nicht allzu ftarke Konkur-
renz macht. Aber warum fagte man das
nicht im Programm! Warum erwählte
man den hohen Plag, der zu Großem
verleitete, und warum fegte man eine
folche hohe Summe aus?

Nicht verfchwiegen darf auch ein bisher noch
gar nicht diskutierter Punkt werden, nämlich
der, daß im urfprünglichen Programm Hermann
Hahn noch immer als Juror genannt wird,
und zwar neben den Bildhauern Gaul und
Tuaillon. Wer nun weiß, wie der ausführende
Künftler bei einer folchen Konkurrenz alle Mo-
mente zu berückfichtigen hat, der wird verftehen,
daß man fich, wenn auch unwillkürlich, immer
etwas nach der Art feiner Beurteiler richtet.
Diefe drei genannten Bildhauer find alle mo-
derne, großempfindende Kollegen, die unferm
fchönen neuen Monumentalftil huldigen. Trat

Profeffor Hahn aus dem Preisrichterkollegium
aus, fo mußte das fofort bekanntgegeben und
derErfagmann genannt werden. Dies gefchah
nicht. Ich und mit mir zahlreiche Berliner Kol-
legen waren bis zum legten Moment der feften
Meinung, daß Hahn Juror fei. Ob Hahn etwa
den erften Sigungen des Preisrichterkollegiums
noch beigewohnt und das Ausfehreiben mit ver-
faßt hat, ift fchwer zu ermitteln, wenn auch
wohl anzunehmen. War das der Fall, fo wußte
er, wie im ganzen die Auffaffungen des Preis-
gerichtes bei diefer Aufgabe waren, und er hatte
demgemäß einen bedeutenden Vorfprung vor
den Mitkonkurrierenden . . .“

In diefen Zeilen, das darf man wohl behaupten,
kommt fo ziemlich die Auffaffung zum Durch-
bruch, die gegenwärtig allgemein in Künftler-
kreifen zu hören ift. Zu dem legtgenannten
Abfchnitt möchte man in der Tat fo bald als
möglich von dem Preisrichterkollegium eine un-
zweideutige Erklärung wünfehen, damit diefes
allen Mißdeutungen nach irgendwelcher Seite
hin überhoben ift.

* *

*

Wie kürzlich bekannt geworden, gehen 60 der
Entwürfe Anfang Mai zu einer befonderen Aus-
heilung nach Wiesbaden. In erfter Linie find
das die preisgekrönten, angekauften und ent-
fchädigten Arbeiten. Es verlautet ferner, daß
bei diefer Gelegenheit auch der Kaifer die Aus-
heilung befichtigen wolle und daß erft danach
die endgültige Entfcheidung getroffen wird.

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