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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0336

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AUSSTELLUNGEN

fieren. A. Oberländer und Ferdinand Hodler
bilden die beiden Pole der vielgeftalteten Welt,
die einem da entgegentritt; beiden kann man fo-
zufagen in die Werkftatt gucken und gewinnt
faft neue Vorftellungen über fie. Namentlich
feffelt die Studienarbeit des letzteren. Auch in
der kleinften, anfpruchslofeften Skizze findet
man die große Form feiner Monumentalmalereien
wieder, und es ift erftaunlich zu fehen, wie er
die kühnften zeichnerifehen Probleme auf das
einfachfte und felbftverftändlichfte zur Löfung
bringt. Bei Oberländer verfolgt man mit hohem
Genuß, wie er, deffen Genie in feinen köftlichen
Karikaturen und Illuftrationen die Objekte fo
organifch und fpielend insKomifche und Lächer-
liche umzuzbilden weiß, zur Natur fteht. Mit
fchlichten Mitteln, aber bewundernswerter Treue
und Hingebung geht er ihr nach. Auch andere
von den „Fliegenden“, fo R. Reinicke und
Schlittgen find eines eingehenden Studiums wert,
weitere gute Graphik ftellen P. Rieth, H. Gröber,
Kalkreuth, Diez, Hayeck, v. Hänifch, Liebermann,
Zügel, Samberger, Landenberger, Corinth, Orlik,
K.Kollwiß, Hübner und E. Wolfsfeld zur Schau.
Sie alle find längft ja fchon bekannt und ge-
würdigt. Unter den notablen Malern der Se-
zeffion ragen F. Bürgers, Th. Effer, U. Hübner,
Hummel, Nissl, Pießfch, Reifer, Schlittgen,
Schramm-Zittau u nd Sie vogt hervor, von noch nicht
in weiteren Kreifen der Kunftfreunde bekannten
E. Hartmann, E. Kahler und S. Mackowsky.

M. K. R.

BÄDEN-BÄDEN Am 6. April wurde im
hiefigen Ausftellungsgebäude die erfte Ausftellung
DEUTSCHER UND SCHWEIZER KUNST er-
öffnet, der von Juli bis Oktober eine zweite
folgen foll, die nur der Münchner Kunft ge-
widmet fein wird. Der Gefamteindruck der
heurigen Ausftellung ift nicht fehr bedeutend;
die fpezielle badifche Kunft faßt über die Hälfte
des gefamten Inhalts und verleiht der Ausftel-
lung eine individuelle Note. Denn gerade unterder
jüngeren Generation der Karlsruher Künftler find
ftarke Talente, die Beachtung verdienen. Eine
Reihe der begabteften geben fich durch voll-
endete Technik und feinen Farbengefchmack
fofort als Schüler Trübners zu erkennen. Zu
erwähnen find da etwa zwei gut gemalte Por-
träts von Hans Sutter, ein Atelierinterieur von
Artur Grimm, faftige Landfchaften vonGöbel
und Wallifchek, ein inhaltlich und formal
feffelndes Bild, die vier Temperamente von
Hempfing. Von Karlsruher Traditionen frei-
gemacht und fchweizerifcher Wuchtigkeit ge-
nähert hat fich HansBrafch in einem kühn und
kräftig gemalten Frauenporträt; auch Adolf

Hildenbrand fällt mit feinem „Mann mit
Zylinder“ vorteilhaft auf. Ein Mannheimer, Th.
Schindler, der jüngft auch bei Caffirer in Berlin
ausgeftellt hatte, gibt fich mit einem Bauern-
bildnis und einer Landfchaft als tüchtige Kraft
zu erkennen. Was fonft von Badenfern aus-
geftellt ift, hat den üblichen Charakter: Land-
fchaften von Hans vonVolkmann undConz,
Park- und Hafenfzenen von Hellwag, italie-
nifche Anfichten von L. Dill, Schönleber ufw.
Thoma ift mit einem fehr intereffanten Bilde,
von Courbetfcher Farbenpracht aus dem Jahre
1877 (Im Garten) vertreten. VonTrübner ßeht
man eine frühere Landfchaft vom Bodenfee (1894),
zwei charakteriftifcheOdenwaldlandfchaften (1902)
und eine Starnbergerfeelandfchaft (Seeufer 1909)
von großem Zufammenklang der Farben. Aus
den zahlreichen übrigen mehr oder minder
gleichgültigen Dingen fallen durch gute Quali-
täten noch heraus: eine flott hingeftrichene

„Schweizermühle“ von Richard Dreher, gute
Stilleben von R. Brey er und Helene Älbiker,
frei und leicht gemalte Landfchaften von Hugo
Naumann. Weniger feffelt Orlik mit zwei
Stilleben und einer Landfchaft, Kalckreuth mit
einem zwar duftigen, aber malerifch wenig in-
tereffanten „Frühling im Schwarzwald“ und
Vogeler mit einer fpröden Winterlandfchaft.
Ganz verfagt ein gleichgültiges Porträt von W.
Steinhaufen. Von Berlin hat man fich Lie-
bermann mit zwei Reitern am Strand und
feinem Garten in Wannfee und Slevogt mit
zwei flotten Landfchaften hergeholt. Auch Co-
rinth ift mit einer breit und derb gemalten
Studie zur Magdalena vertreten. (Anton von
Werner nicht zu vergeffen, deffen füßes Frauen-
porträt von einem Öldrude kaum zu fcheiden
ift.) Ein „Intermezzo“ mit den farbig und linear
rhythmifch bewegten Frauenkörpern (nicht ohne
Anklang an Cezanne) zeigt L. von Hofmann.
Eine befondere Abteilung ift einer Auswahl
Schweizer Bilder gewidmet. Hodler überragt
fie, wie nicht verwunderlich: die herrliche „Emp-
findung“ zeigt den großen monumentalen Stil
und die hohe Idee des Künftlers, zwei kleine
Meifterwerke „Bergbach“ (1905) und „Waldlied“
(1903) zeigen die lapidare, überzeugende Stili-
sierung feinempfundener Landfchaften. Amiet
ift in einer kauernden Nackten fehr im Banne
Gauguins und zeigt ähnliche Ergebniffe in linearer
Gefeßmäßigkeit wie der junge Pechftein. Ein
Frauenbildnis Giacomettis ift mit van Gogh-
fcher Kühnheit und Verve der Farbe vorgetragen.
Unter Hodlers Einfluß zeigen fich Würten-
b erg er in einem zierlichen Mädchenporträt und
Buri in einer derben, etwas fteifen Frau in
ruhig-prächtiger Landfchaft (Sonntagsruhe). Von

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