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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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14. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0594

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AUSSTELLUNGEN

träts, Landfchaften und religiöfe Kompofitionen,
aus denen gleidiermaßen eine ftarke, innerliche
Perfönlichkeit fpricht, das ftille Zielbewußtfein
eines Mannes der unbekümmert feinen Weg
geht. In diefer Hinficht wird mancher fich gern
an den Bildern freuen, ob er fich aber mit deren
rein malerifcher Qualität ebenfo gut abfindet, ift
zweifelhaft. Nur feiten, fo in einigen kleinen
Landfchaftsftudien, läßt Steinhaufen die Farbe
fprechen, das meifte bleibt dünn und dürr, ängft-
lieh und fchwach im Kolorit, flach und unkörper-
lich in der Modellierung. Äuch verfchiedene
große Radierungen find in ihrer zerflatternden
Zeichnung wenig glücklich. — Ein anderer Saal
ift Max Schlichting überlaffen, der fich in Paris
eine gewiffe Feinfühligkeit für zarte Luft- und
Lichtftimmungen geholt hat und dem Kolorit
feiner Bilder eine feine, perfönliche Note gibt.
Bedauerlich ift die Feftftellung, daß der Künftler
in den lebten Jahren fich nur wenig weiter-
entwickelt hat. — Äus den Maffen, welche die
übrigen Säle und Kabinette füllen, dies oder
jenes Werk herauszuziehen ift nicht leicht. In
der Halle der Riefenkartons fällt ein in zähen,
braunen Tönen gemalter antiker Opferzug, eine
Arbeit Fri| Boehles, auf, unter den Landfchaften
fieht man ein paar hübfehe Bilder Carl Lang-
hammers und Friedrich Kallmorgens, ein frifch
gemaltes „Schloß Kronborg“ von Arthur Bendrat,
ein paar hell und licht gefehene Gartenbilder
von Max Uth und zwei im Sinne Raffaellis
recht luftig ins Berlinifche übertragene Stadt-
bilder von Paul Paefchke, einem Schüler Koep-
pings. Die Porträtmalerei zeigt wieder das ge-
wohnte, tiefe Niveau; als Ausnahmen nenne ich
Fritj Reufings flottes Bildnis des Grafen S. Pofa-
dowsky-Wehner, Damenporträts von Charles M.
Horsfall, Walter Schnackenburg und den „Bür-
germeifter Hobrecht“ von Rudolf Schulte im
Hofe. Hugo Vogel, der in früheren Jahren ge-
legentlich ein gutes Bildnis malte, läßt eine Reihe
bedauerlich oberflächlicher, durchaus konventio-
neller Arbeiten fehen. Unter den Genre- und
Stillebenkompofitionen bemerkt man ein farben-
kräftiges, äußerft lebendig gemaltes Figurenbild
„Unter dem Tanzzelt“ von Josse Goossens in
Düffeldorf, eine Dorffzene von Otto H. Engel,
ein malerifch gefchickt behandeltes „Fenfter mit
Blumen“ von Auguft von Brandis und eine
„Chinefifche Vafe“ von Marie von Brockshufen.
Nach nationalen Gefichtspunkten find zwei Kol-
lektionen zufammengeftellt, die beide in ihrer
Gefamtheit keinen fchlechten Eindruck machen.
Zunächft die Elfaß-Lothringer. Anfpruchslos-
ehrliche Porträtiften find Heinrich Beecke und
Hans Mathis, in landfchaftlichen Aufgaben be-
weifen Georg Daubner und Auguft Cammiffar

frifche Begabung; Paul Lefchhorn hält fich in
feinen Farbholzfchnitten freier von Süßigkeit
wie in den hier ausgeftellten Aquarellen. Be-
tritt man den angrenzenden Schweizer - Saal,
glaubt man fich in ein Hodler-Mufeum verfeßt,
fo bedingungslos hat der überwiegende Teil der
Ausfteller die Gebärden des großen Vorbildes
abgeguckt. Merkwürdig nur, daß das Ergebnis
beffer ift, wie man daraufhin zunächft denken
füllte. Trotj aller Nachempfindung hat Hodlers
Beifpiel etwas kühles, klares und ftreng abge-
wogenes in Form und Farbe unter feine Jünger
gebracht, das auch der Kollektion im ganzen
die weitaus erfrifchendfte Phyfiognomie in der
Flucht der Räume verleiht. Zu der treuften Garde,
die in Landfchaften, Stilleben und Figurenbildern
fich der Sprache des Meifters mit mehr oder
weniger Erfolg bedienen, zähle ich Erneft Bieler,
Edmond Bille, Ernft Linck, Traugott Senn, Raphy
Dalleves und andere mehr. Auch Ernft Würten-
berger gibt in etwas weichlicher Art feine Ab-
hängigkeit von Hodler kund. Ganz modern
malt Fritj Burger mit grünen und blauen Schat-
ten ein ausgezeichnetes Porträt des Sängers
Dr. Klutmann und ein ftark an Cezanne anleh-
nendes Stilleben. Carlo Böcklin zeigt z. T. die
gleichen in ein helles, duftiges Grau getauchten
Landfchaften, die er fchon in diefem Winter bei
Gurlitt vorführte, Charles Palmie eine feiner
bekannten Nebelftimmungen, Frit} Widmann das
kräftig und feft gemalte „Brahmshaus in Rüfch-
likon“, Paul Perrelet gute Bildniffe, Fritj Voellmy
hübfehe Landfchaften und Sigismund Righini ein
eindruckvolles Familienbild. Der vorhin fchon
einmal genannte Josse Goossens beftätigt durch
eine farbig fehr vornehme „Unterhaltung“ die
Richtigkeit des erften, günftigen Eindruckes.
Einige Maler wie Georges de Traz und Alexandre
Blanchet, halten fich an das „Neufte von Paris“,
ihre Bilder würden ohne weiteres in die Aus-
heilung der Expreffioniften auf der diesjährigen
Sezeffion einzureihen fein. Es entbehrt nicht
der Ironie, feftzuftellen, daß in der ftreng kon-
fervativen großen Kunftausftellung den Modern-
ften unter den Modernen ein beträchtlicher Raum
gewährt ift und daß gerade diefe Abtrünnigen
das trübe Gefamtbild wefentlich heben und im
ganzen genommen, zweifellos das beachtens-
wertere und befte innerhalb der Ausftellung zu
bieten haben.

In der graphifchen Abteilung bezeugen eine
Reihe von Arbeiten das liebenswürdige Talent
des kürzlich jung verftorbenen Heinrich Eick-
mann. Mit zum beften gehört eine Kollektion
des Dresdeners Walter Zeifing, zu den erwäh-
nenswerten Blättern rechne ich ferner die Ar-
beiten von Peter Halm, Otto Fifcher, Walter

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